Time to End the Cage Age – Überwältigende Unterstützung für ein Verbot der Käfighaltung in der Landwirtschaft im EU Parlament

Am 15. April 2021 fand die öffentliche Anhörung der Europäischen-Bürger:inneninitiative (EBI) „End the Cage Age“ im Europäischen Parlament statt. In der dreistündigen Sitzung begrüßten die drei anwesenden EU-Kommissar:innen die Initiative und zahlreiche Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) äußerten sich zum Thema. Insgesamt erhielt die Initiative überwältigenden Zuspruch.

Am 15. April 2021 fand die öffentliche Anhörung der Europäischen-Bürger:inneninitiative (EBI) „End the Cage Age“ im Europäischen Parlament statt. In der dreistündigen Sitzung begrüßten die drei anwesenden EU-Kommissar:innen die Initiative und zahlreiche Mitglieder des Europäischen Parlaments (MEPs) äußerten sich zum Thema. Insgesamt erhielt die Initiative überwältigenden Zuspruch.

Die „End the Cage Age“-EBI fordert die Abschaffung der Käfighaltung von Tieren in der EU-Landwirtschaft. Mit der heutigen Anhörung passierte die Initiative einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur offiziellen Antwort der Europäischen Kommission, die in den nächsten Monaten erwartet wird.[nbsp]

Die EU behauptet gerne, eine Führungsrolle im Tierschutz einzunehmen. Trotzdem verdammt sie jedes Jahr mehr als 300 Millionen landwirtschaftlich genutzte Tiere zu elenden Leben in engen Käfigen. Diese mittelalterliche Praxis ist grausam und komplett unnötig“, sagt Julia Thielert, MSc Animal Welfare Science, Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg.

Einige Mitgliedstaaten und Unternehmen haben Käfige schon abgeschafft und zeigen uns so verschiedene Möglichkeiten und Wege. Jetzt ist es an der Zeit, dass der Rest der EU nachzieht. In Übereinstimmung mit den Ambitionen des Europäischen Grünen Deals und der ‚Farm to Fork‘-Strategie fordern wir die Europäische Kommission auf, durch eine Revision der Richtlinie von 1998 über den Schutz landwirtschaftlich genutzter Tiere die Abschaffung der landwirtschaftlichen Käfighaltung auf den Weg zu bringen.“

Norbert Lins, der Vorsitzende des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (Europäische Volkspartei EVP, Deutschland), stellte am Ende der Anhörung fest, dass die meisten Sprecher die Initiative begrüßen und dass nun die Kommission am Zug sei.

Zwei Tage vor der Anhörung, am 13. April, hatten sich EU-Bürger:innen und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auf Twitter nochmals mit vereinten Kräften hinter „End the Cage Age“ gestellt und die EU-Abgeordneten ermutigt, die EBI in der Anhörung zu unterstützen. Insgesamt wurden 35.000 Tweets gesendet, was einer potenziellen Reichweite von über 3,7 Millionen Ansichten entspricht und ein weiterer Beleg für die breite Unterstützung der EBI in der Bevölkerung ist.

Die „End the Cage Age”-EBI wurde am 11. September 2018 geöffnet und genau ein Jahr später geschlossen. Mit 1,4 Millionen verifizierten Unterstützungsbekundungen aus der gesamten EU ist sie die erste erfolgreiche EBI für den Tierschutz in der Landwirtschaft.

Weitere Statements

Bo Algers, Veterinär und Professor Emeritus der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften, sagte: „Die EU-Gesetzgebung für landwirtschaftlich genutzte Tiere ist unglaublich überholt. Seit 1998, dem Jahr, in dem die EU ihre Richtlinie über den Schutz der landwirtschaftlichen Nutztiere verabschiedete, haben wir eine Vielzahl neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse gewonnen, weshalb wir heute viel besser verstehen, wie physische, physiologische und psychologische Faktoren das Wohlergehen der Tiere beeinflussen. Einer großen Bandbreite von speziesspezifischen ethologischen Bedürfnissen kann in Käfigen keine Rechnung getragen werden, egal ob diese Käfige ausgestaltet sind oder nicht. Es ist mittlerweile absolut klar, dass es Tieren in Käfigen nicht gut gehen kann, da diese sie physisch und im Verhalten unweigerlich einschränken. Unabhängig davon, wie gut das Management ist.“

MEP Eleonora Evi, Vize-Präsidentin der „Animal Welfare Intergroup“ und Co-Chair der Arbeitsgruppe zur Abschaffung der Käfighaltung, sagte: „Die heutige öffentliche Anhörung war ein weiterer grundlegender Schritt auf dem Weg zum Ziel eines käfigfreien Europas. Gemeinsam mit vielen gleichgesinnten Abgeordneten des Europäischen Parlaments haben wir den über 300 Millionen Tieren eine Stimme gegeben, die jedes Jahr allein in der EU ihr ganzes oder einen erheblichen Teil ihres Lebens in Käfigen verbringen. Die enorme Unterstützung, die diese Europäische Bürgerinitiative in ganz Europa erhalten hat, kann von der Europäischen Kommission nicht ignoriert werden, die so schnell wie möglich einen Gesetzesvorschlag vorlegen muss, um die unnötige Grausamkeit der Käfighaltung zu beenden und die landwirtschaftlichen Praktiken in der EU näher an die Erwartungen unserer Bürgerinnen und Bürger heranzuführen und sie mehr mit der Natur und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit in Einklang zu bringen.“

MEP Anja Hazekamp, Präsidentin der „Animal Welfare Intergroup“ und Co-Chair der Arbeitsgruppe zur Abschaffung der Käfighaltung, sagte: „Hunderte Millionen Tieren in Europa sind zu landwirtschaftlichen Zwecken in Käfigen eingesperrt. Diese Tiere haben keine Chance, ihr natürliches Verhalten auszuüben, und die Bedingungen, unter denen diese Tiere gehalten werden, sind so schlecht, dass ihr Leben zu einer einzigen großen Qual wird. Käfige sind grausam, aber auch veraltet und unnötig. Es ist ein Meilenstein, dass sich mehr als 1,4 Millionen Bürger für diese Tiere eingesetzt haben, um dem ‚Käfigzeitalter‘ ein Ende zu setzen. Wir erwarten nun von der Europäischen Kommission und den Mitgliedsstaaten den Beweis, dass sie diesen Aufruf und die Europäische Bürgerinitiative als demokratisches Instrument ernst nehmen. Ein Gesetzesvorschlag zum Verbot der Käfighaltung in der Landwirtschaft muss unverzüglich vorgelegt werden.“

Věra Jourovà, Vizepräsidentin der EU-Kommission, verantwortlich für Werte und Transparenz, sagte während der Anhörung: „Die Initiative kämpft für ein Anliegen, das in der aktuellen öffentlichen Debatte einen hohen Stellenwert einnimmt: den Tierschutz für Nutztiere zu verbessern und in eine nachhaltige Landwirtschaft zu investieren. Das sind berechtigte Ziele, die die Kommission in ihren politischen Ambitionen zur Gestaltung fairer, gesunder und umweltfreundlicher Lebensmittelsysteme aufgegriffen hat und die ihren Weg in die im Mai letzten Jahres verabschiedete ‚Farm to Fork‘-Strategie gefunden haben.“

Stella Kyriakides, Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, sagte während der Anhörung: “Wir ergreifen konkrete Maßnahmen, denn, wie ich bereits wiederholt erklärt habe, stehen Tierschutz und Tiergesundheit ganz oben auf unserer Agenda.“ Sie fügte hinzu: „Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass wir mehr tun müssen, und wir müssen nach Besserem streben. Und wir sind absolut entschlossen, dies zu tun. Die Europäische Bürgerinitiative ist eine Erinnerung daran, die zur richtigen Zeit kommt. Sie ist auch ein hervorragendes Beispiel für die Demokratie in ihrer besten Form.“

Janusz Wojciechowski, EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, sagte während der Anhörung, dass EU-Agrarsubventionen und Konjunkturmittel „teilweise auch für den Ausstieg aus der Käfighaltung und die Einführung alternativer Methoden verwendet werden können„, und fügte hinzu: „Sie haben die volle Unterstützung der Europäischen Kommission bei der Umsetzung dieser Transformation.“

Ruud Zanders sagte: „Ich bin auf dem intensiven Geflügelbetrieb meiner Eltern aufgewachsen, der 2007 bankrott ging. Das hat bei mir dazu geführt, dass ich unser Produktionsmodell überdacht habe. Mit ‚Kipster‘ haben wir uns aufgemacht, die tier- und menschenfreundlichste Geflügelfarm dieses Planeten zu entwerfen. Das hat sich für uns als ‚Goldenes Ei‘ entpuppt: Unser Unternehmen ist profitabel und skalierbar. Wir wollen nicht lediglich auf ein Konsumenten-Bedürfnis reagieren, sondern den Wandel antizipieren und gar ein Vorbild dafür sein, dass bessere Wege in der Landwirtschaft existieren und umsetzbar sind.“

~Ende~

Anmerkungen[nbsp]

1. Für weitere Informationen zur „End the Cage Age“-EBI: https://www.endthecageage.eu/

2. Die Anhörung wurde vom Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments in Zusammenarbeit mit dem Petitionsausschuss organisiert.

Das Programm der Anhörung findet sich hier: https://www.europarl.europa.eu/committees/en/end-the-cage-age-european-citizens-initi/product-details/20210325ECI00041

The hearing’s recording can be accessed here: https://multimedia.europarl.europa.eu/en/agri-peti_20210415-0900-COMMITTEE-AGRI_vd

3. Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das TierschutzMitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.

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Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg