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Jagdfreie Gebiete

Die Bishnoi

Bei den Bishnoi, einer in der indischen Thar-Wüste lebenden Religionsgemeinschaft, darf aus spirituellen und ökologischen Gründen seit einem halben Jahrtausend kein Tier mehr getötet und kein Baum gefällt oder beschnitten werden. Im Land der Bishnoi findet man eine große Artenvielfalt an Tieren; neben un-zähligen Gazellen und Antilopen auch Wildesel, Schakale, Wüstenluchse, Bengalfüchse, Wölfe und Hyänen sowie viele Vogel- und Reptilienarten. Die sonst eher seltenen und scheuen Wildtiere wissen, dass ihnen im Siedlungsraum der Bishnoi keine Gefahr von Jägern droht, im Gegenteil, sie pflegen einen vertrauten Umgang mit den Menschen. Verletzte Tiere suchen sogar gezielt deren Nähe, um sich von ihnen versorgen und gesund pflegen zu lassen.

Kanton Genf

Der Kanton Genf mit seinen rund 500 000 Einwohnern verfügt über eine Gesamtfläche von 280 Quadrat-kilometern. Davon sind 45 Prozent landwirtschaftlich genutztes und 25 Prozent bebautes Land, 15 Prozent der Fläche werden von Wald und Fluss, weitere 15 Prozent vom Genfer See eingenommen. 1974 wurde im Kanton die Freizeitjagd per Volksentscheid abgeschafft. Aufgrund fehlender jagdlicher Eingriffe in Verbindung mit Habitatverbesserungen ist laut dem kantonalen Genfer Fauna-Inspektor Gottlieb Dandliker die Biodiversität massiv größer als zu Zeiten, in denen noch gejagt wurde. Auf Genfer Gebiet gibt es heute rund 60 Hirsche, Hunderte von Rehen und Wildschweinen, Tausende Enten. Auch seltene Vögel wie Rebhuhn und Fasan sind wieder zurück. Ausnahmen vom allgemeinen Jagdverbot gibt es in Genf nur für Schwarzwild. Auch dort sind die Wildschweinbestände aufgrund eines reichhaltigen Nahrungsangebotes in den vergangenen Jahren angestiegen. Zudem flüchten immer wieder Tiere bei Beginn der Jagdsaison im benachbarten Frankreich in das friedliche Genf und tragen damit weiter zu einer Bestandserhöhung bei. Um landwirtschaftliche Nutzflächen vor großen Schäden zu schützen, werden nicht-letale Schutzmaßnahmen wie zum Beispiel Elektrozäune eingesetzt, ein Abschuss erfolgt nur als letztes Mittel. Die zehn kantonalen Wildhüter schießen dabei deutlich weniger Tiere und gehen weitaus gezielter und tierschonender vor als private Freizeitjäger. Einer aktuellen Umfrage zufolge befürwortet eine überwältigende Bevölkerungs-mehrheit die Beibehaltung des Jagdverbotes, das nicht nur zu einem beeindruckenden Artenreichtum führte, sondern auch weniger Kosten für den einzelnen Bürger verursacht als die Freizeitjagd.

Der Schweizerische Nationalpark

2014 feiert der im Engadin liegende Schweizerische Nationalpark sein hundertjähriges Jubiläum. Er ist mit 170 km2 Gesamtfläche das größte Wildnisgebiet der Schweiz und zudem der älteste Nationalpark der Alpen und Mitteleuropas. Gemäß internationaler Naturschutzunion (IUCN) ist er ein Reservat der Kategorie Ia (höchste Schutzklasse, Wildnisgebiet). Er besteht zu 28 % aus Wald (v.a. Nadelwald), 21 % der Fläche sind mit alpinen Matten (Hochgebirgsrasen) bedeckt, 51 % sind vegetationsfreie Geröll-, Fels- und Hochgebirgszonen. Tiere, Pflanzen und Lebensräume sind strengstens geschützt. Die Natur entwickeln sich seit hundert Jahren nach ihren eigenen Regeln frei vor menschlichen Einflüssen. Im Nationalpark dürfen deshalb weder Wege verlassen, Blumen gepflückt, Wiesen gemäht noch Bäume gefällt werden. Außer stark verletzten, leidenden Wildtieren werden keine Lebewesen getötet, noch wird das Wild in Notzeiten gefüttert. Der Mensch bleibt im Hintergrund und ist lediglich Zeuge der dynamischen Prozesse, die dieser alpinen Landschaft mit ihrem außergewöhnlichen Artenreichtum einen unvergleichlichen Charakter verleihen. Das fehlende Bedrohungspotenzial durch Jäger hatte zur Folge, dass die Tiere ihre Scheu verloren. Aus geringer Entfernung können Besucher Steinböcke, Hirsche, Gämsen, Murmeltiere, Rehe, Schneehasen, Eidechsen, Schlangen, Insekten und viele Vögel beobachten, manchmal sogar Bartgeier, die seit 1991 wieder im Park angesiedelt wurden.

Niederlande

2002 trat in den Niederlanden das Flora- und Faunaschutzgesetz (FFSchG) in Kraft, die Jagdausübung wurde in den Bereich Umweltschutz eingegliedert. Die Liste der Tierarten, die zum Vergnügen bejagt werden durften, wurde von sechsundvierzig auf sechs gekürzt. Zahlreiche Jagdpraktiken wurden mit kategorischen Verboten belegt. Ausnahmen (etwa zur Bekämpfung landwirtschaftlicher Schäden) wurden vom Gesetzgeber allerdings ausdrücklich vorgesehen. Im Laufe der Jahre wurden auf Druck der Bauern und Jäger per Ministerbeschluss immer mehr Tierarten (auch offiziell geschützte) als „Schädlinge“ auf Tötungslisten gesetzt, so dass Ausnahmen mittlerweile die Regel sind. Derzeit wird u.a. darüber diskutiert, ob die Liste der frei jagdbaren Arten gänzlich abgeschafft und stattdessen die Jagd als „das Fangen und Töten von Tieren im Rahmen der Schadensbekämpfung und der Bestandsüberwachung für festgelegte öffentliche Interessen“ definiert wird. Bevor jedoch der Abschuss von Tieren beschlossen werde, sollen in Frage kommende „Alternativlösungen“ geprüft werden.

Indien

1972 wurde mit dem Indian Wildlife Protection Act die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen umfassenden Schutz der Natur und der Wildtiere geschaffen. Die Jagd auf Wildtiere ist fast überall verboten.

Sri Lanka

Auf eine Gesamtfläche kleiner als Bayern verfügt Sri Lanka über 21 Nationalparks und 501 Schutzgebiete, das sind insgesamt 26, 5 % des Landes. Die Jagd ist in allen Schutzgebieten vollständig und außerhalb weitestgehend verboten.

Costa Rica

Seit Dezember 2012 ist die Sportjagd in Costa Rica gänzlich untersagt. Gejagt werden darf in dem mittelamerikanischen Land nur noch zu wissenschaftlichen Zwecken und zur Kontrolle des Wildbestands.

Botswana

In Botswana ist die Freizeitjagd seit 2014 aus Artenschutzgründen verboten. Jagd fördere die Wilderei, unethisches Verhalten und Korruption, so das dortige Umweltministerium. Spezielle Jagdlizenzen werden nur noch an traditionelle Jägervölker in ausgezeichneten „wildlife management areas“ vergeben.

Kenia

Kenia galt lange Zeit als das klassische Jagd-Safariland. Seit 1977 ist die die Jagd auf alle Haar-Wildtierarten verboten, lediglich die Jagd auf Vögel ist noch erlaubt.

Albanien
Wie Anfang Februar dieses Jahres bekannt wurde, beschloss Albanien einen totalen zweijährigen Jagdbann über das gesamte Land, der ab Mitte Februar in Kraft treten sollte. Ausschlaggebend für den längst überfälligen Schritt war der massive Rückgang von Wildtieren in Albanien.

Quellen:
REICHHOLF, J. H.: Ist die Einstellung der Jagd im Kanton Basel möglich und sinnvoll? Wildtierökologische Betrachtung. Vortrag am 15.10.2013 an der Universität Basel. http://www.youtube.com/watch?v=vOAufU4lHBQ
REICHHOLF, J. H.: Störungsökologie: Ursache und Wirkungen von Störungen. Laufener Seminarbeitr. 1/01, S. 11 – 16 Bayer. Akad. f. Naturschutz u. Landschaftspflege – Laufen / Salzach 20

http://www.bishnoism.com
OTTE, H.-J.: Menschen, die sterben um Bäume und Tiere zu retten, http://www.vegetarismus.ch/bishnoi/otte/

DANDLIKER, G.: Praxisbeispiel Kanton Genf. Seit 1974 jagdfrei. Vortrag am 15.10.2013 an der Universität Basel. http://www.srf.ch/news/regional/basel-baselland/genf-ist-mit-seinem-jagdverbot-zufrieden

www.nationalpark.ch/‎
EVERTSEN, N., DE JONG, P.: Wildlebende Tiere in den Niederlanden. Im Grenzgebiet zwischen Schutz, Jagd und Schadensbekämpfung. In: TIERethik, 5. Jg. 2013/2
http://en.wikipedia.org/wiki/Wildlife_Protection_Act,_1972
http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_national_parks_of_Sri_Lanka#Notes
http://en.wikipedia.org/wiki/Protected_areas_of_Sri_Lanka
Fauna and Flora Protection Ordinance (1937, 1970)
http://www.quetzal-leipzig.de/nachrichten/costa-rica_/costa-rica-schluss-mit-jagdausflugen-19093.html
http://www.antijagd.ch/nachrichten/182-botswana-will-2014-jagdverbot-verhaengen.html
http://www.globus-jagdreisen.de/de/jagdlaender/afrika/kenia/
http://www.euronatur.org/Pressemitteilungen.256+M526f4e3b6a2.0.html?&cHash=8ac4725939c5b6e7dfd6c01a1587acf1

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Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg