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Tierschutz und Jagd

Töten ohne Betäubung

Laut Tierschutzgesetz § 4 darf ein Wirbeltier nicht ohne vorherige Betäubung getötet werden. Ausnahmen lässt der Gesetzgeber nur in Einzelfällen zu (z.B. Schächten, Notschlachtungen etc.) zu. Diese Vorschriften gelten jedoch nicht für Tierversuche und für die Jagdausübung, allerdings dürfen auch „hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen.“ Tatsache ist, dass bei der Jagd Tiere regelmäßig in großem Ausmaß nur verletzt werden und unter großer Angst und furchtbaren Qualen sterben.

Der vernünftige Grund

Nach § 1 des Tierschutzgesetzes darf niemand „einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“ Das Töten von frei lebenden Tieren zur Nahrungsbeschaffung oder zur Abwendung von wirtschaftlichen Schäden mag nach allgemeiner Rechtsauffassung derzeit gerade noch als „vernünftig“ anzusehen sein. Wenn aber selbst Tiere, die keinen oder nur geringen Schaden verursachen, wie etwa Füchse und Marderartige oder auch Rabenvögel, von Jägerseite lediglich als lästige Beutekonkurrenz „ausgeschaltet“ und anschließend in der Mülltonne entsorgt werden, ist darin kein vernünftiger Grund zu erkennen. Auch nicht unter dem Vorwand des Artenschutzes: Der Totalabschuss von Beutegreifern und Rabenvögeln während eines sechsjährigen Feldversuchs im Saarland blieb im Hinblick auf die Feldhasen- und Fasanenpopulationen völlig wirkungslos (REICHHOLF). Genauso wenig lässt sich der Abschuss von Haustieren, Sing- und Zugvögeln oder die Jagd auf gefährdete Tierarten rechtfertigen. Während Naturschützer unter erheblichem Aufwand Artenschutzmaßnahmen durchführen, dürfen JägerInnen Tausende von Rebhühnern und Waldschnepfen sowie Hunderttausende von Feldhasen töten, die nach der Roten Liste Deutschland als „stark gefährdet“ bzw. „gefährdet“ eingestuft werden. Auch das jagdrechtlich legitimierte Aussetzen von Tieren zur Erweiterung des Beutetierspektrums (respektive zur „Abschießbelustigung“ der Jäger) lässt jeden vernünftigen Grund vermissen (WINKELMAYER). Als lebende „Zielscheiben“ werden vor allem in Gefangenschaft aufgezogene Fasane, Rebhühner und Hasen ausgesetzt. An Menschen gewöhnt und auf das Leben in Freiheit unvorbereitet, werden die armen Tiere meist zur leichten Beute der Schützen.

Quellen:
REICHHOLF, J. H.: Ist die Einstellung der Jagd im Kanton Basel möglich und sinnvoll? Wildtierökologische Betrachtung. Vortrag am 15.10.2013 an der Universität Basel. http://www.youtube.com/watch?v=vOAufU4lHBQ
WINKELMAYER, R.: Vom Beutemachen zur Empathie. Ein Perspektivenwechsel. Interview. In: TIERethik, 5. Jg. 2013/2

Grausame Jagdmethoden (Hetzen von Tieren, vermeidbare Schmerzen beim Töten)

Besonders grausame, mit dem Tierschutz nicht zu vereinbarende Jagdpraktiken sind hierzulande noch immer vollkommen legal. Dazu gehören beispielsweise die Baujagd auf Füchse, Dachse und Kaninchen, die Beizjagd, die Fallenjagd, sowie die Ausbildung und Prüfung von Jagdhunden an lebenden Tieren (sogenannten „Schliefenfüchsen“ sowie flugunfähig gemachten Enten). Auch bei Bewegungsjagden sind tierschutzrelevante Vorfälle an der Tagesordnung.

Baujagd

Hierzu werden kleine, aber „raubwildscharfe“ Hunde in den Bau geschickt, um in der Höhle verharrende Jungtiere abzuwürgen und erwachsene Tiere aus dem Bau zu treiben, wo bereits die Jäger auf sie warten. Mutige Tiere, besonders Mütter, die ihre Jungen schützen wollen, setzen sich oft erbittert zur Wehr. Im schlimmsten Fall endet der Kampf für beide Beteiligten tödlich, zumindest aber mit teils schrecklichen Verletzungen. Beim „Frettieren“, wie die Baujagd auf Kaninchen genannt wird, werden meist weibliche Frettchen mit Maulkorb in den Kaninchenbau gesetzt. Die Kaninchen flüchten aus dem Bau und werden dann vom Jäger entweder mit Schrotschuss erlegt oder in zuvor angebrachten speziellen Netzen („Sprengnetz“) oder Drahtreusen gefangen und getötet.

Quellen:
FROMMHOLD, D.: www.fuechse.info
BOLLIGER, G., GERRITSEN, V., RÜTTIMANN, A.: Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts, Stiftung für das Tier im Recht, Zürich, 2010
http://de.wikipedia.org/wiki/Frettchenjagd

Beizjagd

Bei der Beizjagd werden abgerichtete Greifvögel (Falken- und Habichtartige) hauptsächlich auf Kaninchen, Hasen, Krähen, Rebhühner, Fasane und Tauben, seltener auch auf Füchse und Rehe eingesetzt. Während Falken (Bisstöter) ihre Beute mit den Füßen festhalten und durch einen Genickbiss töten, halten und erdolchen Habichtartige (Grifftöter) ihr Opfer mit den Füßen bzw. Krallen. Sofern das gefangene Tier noch lebt, wird es vom Falkner „abgefangen“ d.h. mit Hieb- und Stoßwaffen oder Messern getötet. Die Ausbildung der Greifvögel und die Beizjagd selbst funktionieren nur über Nahrungsentzug und Gewichtsreduktion. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen die Vögel angeleint auf dem Pflock oder in kleinen Volieren.

Quellen:
BRÜCHER, H.: Darstellung und Bewertung der Falknerei. Rohrbeck, 2012 http://www.nabuwillich.homepage.t-online.de/Falknerei.html
http://www.greifvogel.com/greifvoegel/grifftoeter/index.htm

Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren

Für die Baujagd werden „Erdhunde“ in sogenannten Schliefanlagen ausgebildet, einem Röhrensystem, durch das der abzurichtende Hund den meist jungen und unerfahrenen Fuchs jagt. Die einzelnen Abschnitte der Anlage sind zwar durch Schieber abzutrennen, um die Tötung des Übungsfuchses durch den Jagdhund zu vermeiden. Für den Fuchs bedeutet die wiederholte Konfrontation mit dem verfolgenden Hund dennoch Stress und Todesangst. In der Regel werden die Füchse nach der Saison entweder vom Hund getötet oder aber freigelassen und bei der Flucht vom Jäger mit Schrot erschossen.

Um das Apportieren von angeschossenen Enten zu lernen, werden Jagdhunde an einer lebenden flugunfähig gemachten Übungs-Ente trainiert. Dafür werden ihr Manschetten über die Schwungfedern gestülpt oder einige Schwungfedern ausgerissen. Anschließend wird das hilflose Tier ins Wasser geworfen oder im Gebüsch versteckt. Die Aufgabe des Hundes besteht darin, sie aufzustöbern, zu ergreifen und dem Jäger lebend zu übergeben. In Todesangst versuchen die Enten verzweifelt zu entkommen, eine beabsichtigte Reaktion, um die Tauglichkeit der Hunde bewerten zu können.

Quellen:
FROMMHOLD, D.: www.fuechse. info
http://www.vogelschutz-komitee.com/Entenjagd.pdf

Bewegungsjagden (Jagd auf gezielt mobilisiertes Wild)

Bewegungsjagden gelten als effektive Methode, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Tiere zu töten, vor allem „Problemtiere“ wie Wildschweine, Rehe und Füchse. Da Blattschüsse auf flüchtende Tiere kaum möglich sind und es darüber hinaus den teilnehmenden (Freizeit)jägern häufig an Schussfertigkeit mangelt, sind bei Drückjagden verschiedenen Quellen zufolge in der Regel nur ca. 25 – 40 Prozent der abgegebenen Schüsse unmittelbar tödliche Treffer. Den übrigen Tieren wird dagegen entweder der Kiefer weggeschossen oder ein Bein zersplittert. Andere werden durch Bauchschuss oder am Rückenmark schwer verletzt.

Das heißt: Zwei Drittel bis drei Viertel der gejagten Tiere erleiden unsägliche Schmerzen und Qualen. Obwohl die Jäger zur Nachsuche verpflichtet sind, werden viele verwundete Tiere nicht gefunden oder die Suche unterbleibt ganz. Die armen Kreaturen verbluten, verdursten oder verhungern jämmerlich. Hierzu der Teilnehmer eines Jägerforums: „Als Nachsuchenführer kotzt mich dieses Verhältnis an. Bei den meisten Schüssen auf Drückjagden werden Äser-, Gebrech- und Keulenschüsse einfach in Kauf genommen. Gerade bei Leuten, welche am Jägerstammtisch vor Weidgerechtigkeit triefen, habe ich die größten Schlumpschützen erlebt. Bei den heute üblichen Bezahljagden in den Forsten erlebt man die übelsten Aasjäger.“

Quellen:
TVT (2011) Tierschutz und Bewegungsjagd; Stellungnahme des AK 6; TVT-Nachrichten 2/2011,
DEUTSCHER LANDWIRTSCHAFTSVERLAG (2008) Unsere Jagd, Sonderdruck Neue Wildbrethygiene
Jagdforum24: http://www.jagdforum24.eu/Forum/index.php?page=Thread&threadID=6799

Fallenjagd

Die Fallenjagd wird in erster Linie für die Jagd auf Beutegreifer eingesetzt. Bei der Fangjagd müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, dass von den Fallen weder eine Gefahr für Menschen oder Haustiere noch für geschützte Wildtiere ausgeht. Trotzdem kommt es aufgrund unsachgemäßer Handhabung immer wieder vor, dass Haustiere und mitunter sogar Kinder in Fallen geraten. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Totschlagfallen, die im Kopf- oder Brustbereich des Tieres zuschnappen und im „Idealfall“ sofort töten, und Lebendfallen, die das Tier unversehrt in Kisten und Drahtkäfigen fangen. Beide Fallenarten verursachen nicht selten extreme Qualen. Trotz gegenteiliger Behauptungen aus Jägerkreisen garantieren Totschlagfallen keineswegs den sofortigen Tod des Tieres, sondern verursachen nicht selten lediglich schwerste Verletzungen. Mit gebrochenen oder abgetrennten Gliedmaßen durchleiden die unglücklichen Opfer ein stunden- oder gar tagelanges Martyrium oder ersticken langsam und qualvoll. In Lebendfallen geraten die gefangenen Tiere in Panik und verletzen sich bei ihrem verzweifelten Versuch zu entkommen häufig selbst. Nicht wenige sterben in Todesangst an Herzversagen oder verhungern und verdursten, weil die Fallen nicht regelmäßig kontrolliert werden.

NABU Schleswig-Holstein: Der qualvolle Tod im Eisen. http://schleswig-holstein.nabu.de/naturvorort/raubsaeuger/fallenjagd/ (abgerufen 4.4.2014)

Schrotschüsse

Schrotmunition hat eine große Streuwirkung, weshalb sie aufgrund der größeren Trefferwahrscheinlichkeit vor allem zur Jagd auf kleine bewegliche Wildtiere (Niederwild wie Hasen und Fasane) sowie zur Vogeljagd eingesetzt wird. Dabei werden Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent der Tiere nicht sofort getötet, sondern nur krankgeschossen und sterben einen langen qualvollen Tod. Das gilt insbesondere für Schüsse auf Vogelgruppen, wo viele Vögel durch „Randschrote“ getroffen und lediglich verletzt werden. Wird Bleischrot verwendet, sterben die Tiere besonders langsam an der schleichenden Schwermetallvergiftung, die ein-hergeht mit zentralnervösen Bewegungsstörungen, reduzierter Nahrungsaufnahme, und Pilzinfektionen bis hin zum kompletten Zusammenbruch des Immunsystems.

Quellen:
Komitee gegen den Vogelmord: Schrot – und Bleiproblematik, http://www.komitee.de/content/aktionen-und-projekte/deutschland/jagd-deutschland/schrot-und-blei (abgerufen am 20.01.2014)
DTB: Die Jagd, http://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Broschueren/Die_Jagd.pdf

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Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg