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Ethik-Befragung der Hochschulen zum Tierverbrauch in 2016

Universität und PH Freiburg ermöglichen Biologiestudium ohne Tierverbrauch. Universität Konstanz beinahe.

Universität und PH Freiburg ermöglichen Biologiestudium ohne Tierverbrauch. Universität Konstanz beinahe.

Stand: Mai 2016

Anfang März 2016 haben wir allen sechs pädagogischen Hochschulen im Land (Freiburg, Ludwigsburg, Weingarten, Karlsruhe, Heidelberg und Schwäbisch-Gmünd), acht Universitäten und Instituten (Universität Konstanz, Hohenheim, Ulm, Tübingen, Stuttgart, Freiburg, Heidelberg und das KIT Karlsruhe), einen Fragenkatalog an die Pressestellen und Fachschaften für Biologie gesandt, um herauszufinden, wo es die tierverbrauchsfreie Hochschullehre gibt und welche alternativen Lehrmethoden zum Einsatz kommen. Bereits 2015 wurde eine solche Erhebung durchgeführt.

Erfreulich: In Freiburg kann man sowohl an der Albert-Ludwigs-Universität als auch an der pädagogischen Hochschule (PH) ohne Tierverbrauch Biologie studieren, in Konstanz gibt es zahlreiche Selbstversuche der Studierenden und an der PH Karlsruhe gibt es erste Gespräche zum Thema Studieren ohne Tierverbrauch.[nbsp][nbsp][nbsp][nbsp][nbsp][nbsp][nbsp]

Da leider keine Hochschule unseren beigelegten Fragenkatalog beantwortet hat, veröffentlichen wir nun Auszüge aus den Originalantworten, die tierfreundlichen Informationen in Grün.

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg: Studium ohne Tierverbrauch ist möglich

[nbsp]„In den B.Sc. und M.Sc. Biologie-Studiengängen haben Studierende die Möglichkeit, nicht an den Abschnitten einzelner Lehrveranstaltungen teilzunehmen, bei denen Tiere eingesetzt werden. Ferner haben M.Sc.-Studierende die Möglichkeit, im Rahmen des M.Sc. Biologie Studienschwerpunkte zu wählen, in denen aus inhaltlichen Gründen keine Tiere seziert werden. Es ist also durchaus möglich, im Rahmen der Wahlmöglichkeiten in Freiburg Biologie zu studieren ohne Einsatz von Tieren, die unter das Tierschutzgesetz (TierSchG in der Fassung vom 03.12.2015) fallen.“ Dies betrifft Wirbeltiere, Zehnfußkrebse und Kopffüßer. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass andere Wirbellose,[nbsp] wie z.B. Insekten hier verwendet werden. Aber laut Fachschaft gibt es keine Sezierpflicht.

Die Fachschaft Biologie schrieb uns: „Ein Studium ohne „Tierverbrauch“ ist an unserer Fakultät möglich. Grundsätzlich muss man keinen „tierischen Organismus“ umbringen oder sezieren, wenn man das nicht will – entweder man schaut dann beim Nachbarn zu oder man bekommt bei manchen Veranstaltungen ein Modell.“

[nbsp][nbsp] [nbsp][nbsp]


PH Freiburg: Verweis auf Antwort von 2015: Studium ohne Tierverbrauch ist möglich

Die Hochschule verwies auf ihre Antwort von März 2015: Hier kann (muss aber nicht) ein Student im Laufe seines Biologiestudiums „Schweineauge, Schweineherz (beide Schlachthof), Fische“ sezieren. „Keiner wird gezwungen – die Seminare können auch ohne aktive Beteiligung am Sezieren bestanden werden. Studierende können den Raum verlassen und bearbeiten das Thema mit[nbsp]Hilfe von Literatur, Abbildungen und Modellen. Es gibt „zu Hauf“ tierfreie Ausbildungsmethoden. Welche genau, erfuhren wir aber trotz Nachfrage auch in 2016 nicht.

Universität Konstanz:[nbsp] Dauerpräparate, Selbstversuche, Präparationsvideos, aber leider auch Seesterne

Die Universität Konstanz und ihr Fachbereich Biologie sind der Überzeugung, dass ein Mindestmaß an Auseinandersetzung mit dem Aufbau und der Gewebeorganisation von Pflanzen und Tieren für die Ausbildung von Biologen[nbsp]unabdingbar ist. Deshalb gibt es im Bachelor-Studiengang „Biological Sciences“ und im Bachelor of Education-Studiengang „Biologie“ Pflichtveranstaltungen, in denen mikroskopische Präparate und konservierte Tierkörper (sowohl Invertebraten als auch[nbsp]Vertebraten) eingesetzt werden.“ (…) „Als mikroskopische Präparate haben wir ausschließlich Dauerpräparate (die seit der Gründung der Universität vor 50 Jahren dieselben sind und genutzt werden), z. B. Gewebeschnitte. Wir stellen auch keine neuen Präparate her. Hier gibt es keinen Tierverbrauch. Als konservierten Tierkörper, der kein Dauerpräparat ist, verwenden wir im zoologischen Kurs den Seestern. (…) Folgende Alternativmethoden kommen zum Einsatz: Selbstversuche werden durchgeführt – z. B. in den Bereichen Blutdruckmessen, Atemfrequenz, Nierenclearance, Arbeit mit Spiegelbrillen (links und rechts vertauscht). (…) Bei Wirbeltieren verwenden wir Videofilme, die die Präparation zeigen (Präparationsfilme).“

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Verweis auf Antwort von 2015

Auch das KIT verwies auf die Gültigkeit der Auskunft von 2015. Diese lautete: „Am KIT werden im Rahmen des Bachelor-Studiums keine Tierversuche durch die Studenten der Biologie vorausgesetzt. Im Zuge der zoologischen Übungen werden jedoch verschiedene Organismen des Tierreichs in Form von Dauer- und Lebendpräparaten betrachtet (Mikroskopie-Übungen mit Pantoffeltierchen) und einige wenige Tierarten (Ratte und Fisch), welche sich adspektorisch nicht erschließen lassen, werden seziert. Dazu werden ausschließlich Tiere herangezogen, welche auf Grund anderer Voraussetzungen oder anderer Nutzung durch sachkundiges Fachpersonal getötet werden. Es werden keine Tiere ausschließlich für die Nutzung als Studienobjekt der Übung getötet. Es gibt im Studium der Tierphysiologie eine Situation, in der die Studenten das natürliche Verhalten eines Wirbeltiers beobachten können, ohne jedoch das Tier in seinem Verhalten zu beeinflussen. Es erfolgt keinerlei Manipulation am Tier. Diese Beobachtung ist jedoch für das Bestehen des Moduls nicht nötig.

Darüber hinaus wurden alle weiteren Tierversuche im Rahmen dieses Praktikums bereits vor vielen Jahren abgeschafft bzw. durch Alternativmethoden wie Computersimulationen und Untersuchungen der Studenten an sich selbst ersetzt, wodurch teilweise auch bessere Lernerfolge zu erzielen sind. Auch greifen wir auf humane Proben zurück, welche für andere Zwecke nicht mehr verwendet werden können. Außerdem wurde vermehrt auf eine molekularbiologische Ausbildung Wert gelegt, wodurch viele „typische“ Tierphysiologie-Versuche aus dem Lehrplan genommen und durch moderne Methoden ersetzt wurden. Im Rahmen des Master-Studiums ist es den Studenten möglich, durch eine entsprechende Fächerwahl ohne Kontakt mit Tierversuchen Biologie zu studieren (…)

Zusammenfassend können wir sagen, dass ein tierversuchsfreies Studium der Biologie am KIT angeboten wird, tierische Materialien sich aber nicht aus der biologischen Ausbildung ausschließen lassen. Darüber hinaus gibt es am KIT Bemühungen, Alternativen für Tierversuche zu entwickeln und dann auch in der Lehre zu etablieren, zunächst meist im Bereich des Master-Studiums oder in der Doktoranden-Ausbildung.“

PH Karlsruhe: Hier gibt es erste Gespräche über ein Studium ohne Tierverbrauch

Die Bio-Fachschaft schrieb: „Zu diesem Thema gibt es hier an der PH bereits erste Gespräche. Deswegen möchten wir uns gerne [nbsp]näher mit dem Thema auseinandersetzen und möchten Sie daher um Unterstützung bitten.“ Wir haben die Fachschaft u.a. auch auf die Alternativen aufmerksam gemacht, die bei SATIS gelistet sind und ihnen Kontakte zu Hochschulen vermittelt für einen direkten Austausch bezüglich der Studienmöglichkeiten ohne Tierverbrauch.

Weder die Pressestelle noch Lehrbeauftragte der PH Karlsruhe haben uns geantwortet.

[nbsp]

Universität Heidelberg, Fakultät für Medizin

“Der letzte Praktikumsversuch unter Verwendung eines intakten, narkotisierten Tieres liegt mehr als 20 Jahre zurück.

– Ein Versuch mit einem isolierten Herz wurde vor einigen Jahren abgeschafft.

Als Alternative wird in diesen Fällen, wie in den meisten anderen Übungen schon länger, überwiegend nichtinvasiv mit humanen Probanden / humanen Körperflüssigkeiten gearbeitet.

Die Gewebepräparate („nicht Schmerz fähige Materie“)[nbsp]für unsere letzte Übung unter Verwendung tierischen Materials stammen von Tieren, die im Rahmen von genehmigten wissenschaftlichen Experimenten getötet wurden. Dabei werden ringförmige Präparate von Darm, Aorta und Trachea eingesetzt.

[nbsp]

Universität Heidelberg, Fakultät für Biologie: Studium ohne Tierverbrauch ist nicht möglich

Die Fachschaft Biologie antwortete: Ein Studium ohne Tierverbrauch ist nicht möglich. Im Tierreichkurs fängt es mit Protozoen (Einzellern) an und geht dann über Süßwasserpolypen (Hydra) schließlich zu den „größeren“ Tieren über, bei denen dann das richtige Sezieren beginnt. Was genau drankommt, ist immer vom Bestand der Tiefkühlfächer des zoologischen Institutes abhängig (…): Regenwurm, Küchenschabe, irgendein Fisch, Maus. Die Sezierung kann in der Regel aus ethischen Gründen abgelehnt werden. Die Teilnahmepflicht liegt im Ermessen des Dozenten. Da die anatomischen Strukturen nach der Sezierung gezeichnet werden sollen, muss passiv teilgenommen werden. Mäuse und Fische werden immer zu zweit seziert wodurch sich der Verbrauch natürlich reduziert. Darüber hinaus finden im späteren Studium elektrophysiologische Versuche mit Drosophilalarven und entwicklungsbiologische Versuche mit Frosch- und Huhnembryonen statt. Im Kurs Entwicklungsbiologie besteht die Möglichkeit des Ablehnens unserer Information nach nicht. (…) Wobei der Drosophila-Versuch im Physiologie-Praktikum nicht selbstständig durchgeführt wird, sondern nur von einer fachkundigen Person gezeigt wird. Hier wird also theoretisch nur eine Larve für den gesamten Kurs getötet. Die Dokumentationen/Zeichnungen müssen eingereicht werden und werden benotet. Die passive Teilnahme ist daher unabdingbar.

Allerdings wurde der Tierverbrauch reduziert und einige Versuche abgeschafft. Es gibt viele Videos und im gewissen Rahmen auch Selbstversuche.

Diese Angaben beziehen sich nur auf den Bachelor Biowissenschaften und den 50% Biologie mit Lehramtsoption. Im Master gibt es acht verschiedene Majors und es können außer in dem Major Molecular Plant Sciences (MPS) Tierversuche stattfinden. Das Curriculum sieht aber in der Mehrheit der Majors keine verpflichteten Arbeiten mit Tierversuchen vor, die Studenten legen selbst fest, in welchen Laboren/Arbeitsgruppen sie arbeiten. Natürlich arbeiten viele Arbeitsgruppen mit Labortieren, aber das liegt nicht in der Verantwortung der Studiengänge. Insbesondere der Major Systems Biology setzt auf Computermodelle, die aber auch mit Tiermodellen validiert werden.“

[nbsp]

Universität Stuttgart: Technische Biologie

[nbsp]„Auf Ihre Anfrage darf ich Ihnen – wie bereits im Vorjahr – antworten, dass die gesetzlichen Vorgaben selbstverständlich an der Universität Stuttgart eingehalten werden. Zur Verwendung von Versuchstieren existieren zudem öffentlich zugängliche Informationen, die anhand der Versuchstiermeldungen erstellt werden. Wir bitten Sie um Verständnis, dass wir Vereinen keine weiteren Auskünfte erteilen.“

[nbsp]

Universität Hohenheim

Die Pressestelle der Universität hat uns eine ausführliche und gründliche Beantwortung des Fragebogens für Sommer zugesagt. Diese wird dann im bundesweiten Ethikranking ergänzt.

[nbsp]

Folgende Hochschulen haben überhaupt nicht geantwortet

PH Weingarten, Ludwigsburg, Schwäbisch-Gmünd. Ihre Antworten von 2015

Die Universitäten Ulm und Tübingen schweigen.

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Bundesweites Ethik-Ranking

Einen bundesweiten Vergleich der Hochschulen finden Sie im Ethik-Ranking der Hochschulen unseres Bundesverbands.

[nbsp]

Was Sie tun können:

  • Nehmen Sie Kontakt mit den Hochschulen auf und fragen Sie nach einem Studium ohne Tierverbrauch. Fordern Sie Alternativmethoden.
  • Wenden Sie sich an das Wissenschaftsministerium und fragen Sie nach Subventionen für die tierverbrauchsfreie Hochschullehre.
  • Bestellen und verteilen Sie unsere Flugblätter.
  • Organisieren Sie einen Infostand.
  • Schreiben Sie Leserbriefe an Zeitungen.
  • Weitere Informationen zum Thema Studium ohne Tierverbrauch finden Sie auf SATIS, ein Projekt des Bundesverbands Menschen für Tierrechte

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf: info@tierrechte-bw.de oder mit unserem Bundesverband Menschen für Tierrechte: satis@tierrechte.de

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Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg