Tierrechtsorganisation kritisiert „Osterküken“-Event im Reutlinger Naturkundemuseum

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg fordert Ende des Showbrütens und transparente Aufklärung

Reutlingen, 17. April 2025 – Das Naturkundemuseum Reutlingen steht im Fokus: Während das Event „Wir brüten was aus – Osterküken“ in der Presse als familienfreundliche Attraktion beworben wird, übt die Tierrechtsorganisation Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg scharfe Kritik. Das Museum präsentiert lebende Küken in einer künstlichen Umgebung.Probleme wie Qualzucht, Trennung von Muttertieren oder den Lebensweg männlicher Küken werden anscheinend nicht tiefer behandelt, stattdessen wird ein idealisiertes Bild der Eierindustrie vermittelt.

Kritikpunkte im Detail
  1. Qualzucht von Legehennen:
    In den Suchresultaten wird nicht explizit erwähnt, dass die im Museum ausgestellten Hühner Hochleistungszuchten sind. Die Beschreibungen des Events beziehen sich auf „verschiedene Haushuhnrassen“, ohne konkrete Angaben zur Zuchtlinie. Allerdings ist die Verwendung von Hochleistungshennen in solchen Veranstaltungen üblich, da diese Rassen (wie Leghorn oder Hybridhühner) aufgrund ihrer hohen Legeleistung in der Eierindustrie dominieren. Auf Nachfrage beim Museum wurde uns zu diesem Punkt keine Antwort gegeben. Die meinsten Hühner in der Eierindustrie stammen aus Hochleistungszuchten, die auf über 300 Eier pro Jahr getrimmt sind. Diese Praxis führt zu Knochenbrüchen, Organversagen und einer drastisch verkürzten Lebensdauer. Unabhängig davon, ob die ausgestellten Hühnerrassen unter diese Qualzuchtmerkmale fallen, ist es daher wichtig, das Thema Qualzucht als den Standard in der Eierindustrie realistisch zu präsentieren.

  2. Schicksal der „Bruderhähne“:
    In der Presse war zu lesen, dass die Küken auf dem Schwillehof ein „friedliches Leben“ führen. Allerdings werden männliche Küken aus Legehennenlinien (sog. Bruderhähne) in der Regel nach 3–4 Monaten geschlachtet, da sie wirtschaftlich unrentabel sind. Auf die Anfrage beim Museum, was denn mit den Tieren auf dem Schwillehof langfristig passiert, wurde vom Museum nicht näher eingegangen.

    Kindern wird auf diese Weise ein falsches Bild der Eierindustrie mitgegeben. Denn Eier sind direkt mit dem Tod der Tiere aus dieser Industrie verbunden. Es bleibt unklar, was mit den männlichen Küken geschieht. Der Begriff „Bruderhahn“ deutet darauf hin, dass diese Hähne nach einer gewissen Zeit geschlachtet werden. Die Darstellung dieses Lebenswegs als „friedliches Leben“ in der Presse halten wir für eine ungeeignete Ausdrucksweise. Eine Schlachtung bedeutet das Töten eines Lebewesens durch das Durchtrennen der Halsschlagader und anschließendes Ausbluten. Auch das ist Teil der Eierindustrie und sollte realistisch kommuniziert werden.

    Der Schwillehof präsentiert sich als „Erlebnisbauernhof“, der Besuchern Naturerfahrungen ermöglicht. Allerdings wird dort auch Fleisch produziert, und Tiere werden bei Überpopulation geschlachtet. Die Darstellung eines „friedlichen Lebens“ für die Küken ist somit irreführend, da ihr Lebensweg letztlich in der Schlachtung enden wird.

  3. Fehlende Mutterbindung:
    In der Veranstaltung werden Küken künstlich ausgebrütet und anschließend ohne ihre Mutter, die Glucke, gehalten. Dies ignoriert die natürliche Bindung zwischen Mutter und Küken, die für deren Wohlbefinden und Entwicklung entscheidend ist:

    Wärme und Schutz: Die Glucke bietet den Küken Wärme unter ihren Flügeln und schützt sie vor Gefahren. Ohne diese natürliche Wärmequelle müssen die Küken auf künstliche Wärmelampen oder Wärmeplatten zurückgreifen.

    Lernen von Verhaltensweisen: Die Glucke zeigt den Küken, welche Nahrung sie fressen können und wie sie sich in Gefahrensituationen verhalten sollen. Diese natürliche Anleitung fehlt bei einer künstlichen Aufzucht vollständig.

    Soziale Prägung: Küken prägen sich Stimme und Aussehen ihrer Mutter ein, was für ihre soziale Entwicklung wichtig ist. Ohne diese Prägung fehlt ihnen eine wichtige Grundlage für das spätere Leben in der Herde.

    Selbstständigkeit: Die Glucke unterstützt ihre Küken dabei, selbstständig zu werden, indem sie ihnen Überlebensstrategien beibringt. In einer künstlichen Umgebung wird diese natürliche Entwicklung stark eingeschränkt.

    Die Trennung von Mutter und Küken zugunsten einer künstlichen Aufzucht widerspricht grundlegenden Prinzipien des Tierschutzes und sollte kritisch hinterfragt werden.

    In seiner Antwort auf unsere Nachfrage räumt das Museum ein, dass die Küken ihre ersten Tage ohne ihre Mutter verbringen. Dies bleibt aus tierrechtlicher Sicht problematisch, da die Glucke für die Küken eine zentrale Rolle spielt – sowohl in der Wärmeversorgung als auch in der sozialen und verhaltensmäßigen Prägung. Die künstliche Aufzucht mag zwar technisch möglich sein, ersetzt jedoch nicht die natürliche Bindung zwischen Mutter und Küken. Auch wenn keine Verhaltensauffälligkeiten festgestellt wurden, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass die Tiere keine Einschränkungen oder Stress erfahren.

  4. Verharmlosung der Industrie:
    Das romantisierte Bild des Schlüpfens und der Aufzucht von Küken im Museum vermittelt Besuchern eine verzerrte Realität der modernen Tierhaltung. In Deutschland werden rund 49–56 Millionen Hennen zur Eierproduktion gehalten. Die Haltungssysteme haben in den letzten Jahren einen Wandel durchlaufen. Konventionelle Käfighaltung (Legebatterien) ist seit 2010 verboten; es existieren jedoch noch sog. Kleingruppenkäfige (umgangssprachlich „ausgestaltete Käfige“), die bis Ende 2025 (in Ausnahmefällen bis 2028) auslaufen sollen. Aktuell leben noch etwa 5 % der Legehennen in solchen Käfigsystemen.

    Der Großteil der Hennen wird in Bodenhaltung ohne Auslauf gehalten. 62 % der Legehennen leben in Bodenhaltung (meist in großen Volierenställen). Etwa 20 % werden in Freilandhaltung gehalten (Stall mit Zugang zu Außenanlagen) und ca. 13 % in ökologischer Haltung mit Freiland und höheren Standards.

    Trotz dieser besseren Haltungsform haben auch Freiland- und Bio-Hennen oft gesundheitliche Probleme – z.B. durch hohe Leistungsanforderungen.

    Die Haltungsbedingungen in der Eierindustrie sind weiterhin problematisch: In Boden- und Freilandhaltung teilen sich 9 Hennen einen Quadratmeter Stallfläche (entspricht ca. 1111 cm² pro Huhn). Zwar gibt es Sitzstangen und Einstreu, doch die Besatzdichte führt zu hoher Konkurrenz um Platz und Ressourcen. Federpicken und Kannibalismus können auftreten, vor allem in stressenden Situationen.

    Zusammenfassend sind die Haltungsbedingungen in der intensiven landwirtschaftlichen Tierhaltung durch hohe Belegdichten, Bewegungsrestriktionen und oft fehlende Rückzugsmöglichkeiten geprägt. Selbst in fortschrittlicheren Haltungssystemen (Freiland, Bio) bleiben viele Probleme der Hochleistungszucht bestehen – etwa Legehennen mit brüchigen Knochen durch extreme Legetätigkeit.

Forderungen und Alternativen

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg fordert:

  • Sofortiges Ende des Showbrütens zugunsten tierfreier Bildungsformate (z. B. digitale Simulationen).

  • Aufklärung über Qualzucht und die Schlachtung der Tiere aus der Eierindustrie in der Ausstellung. Auf Nachfrage beim Museum wurde uns mitgeteilt, dass zumindest verschiedene Haltungsformen thematisiert werden. Die Qualzucht an sich, welche Basis des hohen Eierkonsums ist, ist aber ein Problem in sich, unabhängig der Haltungsform.

  • Aufklärung zu pflanzlichen Ei-Alternativen. Das Museum hat MfT BW zugesagt, pflanzliche Ei-Alternativen zukünftig in das Event aufzunehmen.

Tiere sollten nicht als Unterhaltungsobjekte instrumentalisiert werden. Bildung sollte Empathie fördern – nicht die Ausbeutung von Lebewesen.

 

Klassische Bodenhaltung:

Wichtiger Hinweis:

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg bittet darum, den Vereinsnamen entweder komplett auszuschreiben oder, falls eine Kurzform gewünscht ist, ,,MfT BW” zu verwenden. Bitte kürzen Sie unseren Namen nicht, indem Sie nur ,,Menschen für Tierrechte” schreiben. ,,Menschen für Tierrechte” heißt der Bundesverband und dieser arbeitet komplett unabhängig von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg. Man zitiert damit die Pressemeldung an einen falschen Verein.

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Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg