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„Waldshut-Tiengen kämpft gegen die Tauben-Plage“

Unser Leserbrief zu „Waldshut-Tiengen kämpft gegen die Tauben-Plage“

Am 12. Mai erschien in der Badischen Zeitung und im Südkurier ein Artikel zum Kampf gegen die „Taubenplage“ in Waldshut-Tiengen (https://www.badische-zeitung.de/waldshut-tiengen-kaempft-gegen-die-tauben-plage--212755848.html).

Zu diesem Artikel haben wir den folgenden Leserbrief an die beiden Zeitungen gesendet.

 

Unser Leserbrief

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e. V. ist entsetzt, welche Vorschläge diskutiert werden, um mit der erhöhten Taubenpopulation zurechtzukommen.

Zunächst möchten wir auch mit Blick auf das uns zugestandene Verbandsklagerecht darauf aufmerksam machen, dass Tauben nicht generell als Schädlinge definiert sind und daher auch nicht einfach getötet werden dürfen. Hierfür ist eine Genehmigung vom Veterinäramt nötig, welche somit auch auf unserem Schreibtisch landet. Wir möchten auf das kürzliche Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart verweisen, welches den Behörden die Tötung von Tauben untersagt hat. Behörden dürfen keine Genehmigungen erteilen, wenn es die Möglichkeit gibt, die Tiere einzufangen und anderweitig unterzubringen. Zitat: „Wer ohne die Prüfung von Alternativen Tiere tötet oder dies erlaubt, kann sich strafbar machen.“

Eine kurze Rücksprache zu dem sich im Ort befindenden Taubenschlag ergab, dass dieser in einem sehr schlechten Zustand ist. Der Ort ist denkbar ungünstig; ein feuchter und schimmeliger Keller. Dass dieser Taubenschlag nur bedingt angenommen wird, ist also nicht verwunderlich. Wieso die im Artikel erwähnten Experten darauf kommen, dass sich über Taubenschläge die Populationen nicht nachhaltig kontrollieren lassen, erschließt sich uns nicht. Hier wären Quellen interessant, wieso man dazu kommt, dass die Tauben umsiedeln, wenn sich kein Bruterfolg einstellt. Denn es gibt einige Städte, die bereits erfolgreich Taubenpopulationen auf diese Weise kontrollieren. Die Stadt Augsburg ist hier ein gutes Beispiel (https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/umweltstadt-augsburg/stadttaubenkonzept).

Auch ist die Stadt Augsburg ein Beispiel dafür, dass die Tötung der Tieren keine langfristige Kontrolle der Population ermöglicht. Tauben wurden über Jahrhunderte vom Menschen zu leistungsfähigen Brutmaschinen gezüchtet, sodass sie selbst in den kalten Wintermonaten Fortpflanzung betreiben. Dieses unnatürliche Verhalten hat der Mensch erschaffen. Bei frei lebenden Stadttauben wird die angezüchtete Vermehrung durch eine enorm hohe Jungensterblichkeit gebremst, etwa 90 Prozent der Jungtauben vollenden das erste Lebensjahr nicht. Selbst eine ausgewachsene Stadttaube hat längst nicht mehr die von der Natur gegebene Lebenserwartung. Statt 10-12 Jahren sind es in der Regel höchstens drei.

Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie einst in seine Abhängigkeit züchtete. Da Tauben das ihnen vom Menschen angezüchtete Verhalten nicht ändern können, stehen wir in der Verantwortung, den Tauben zu helfen.

Auch Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loeper beleuchtet in seiner Ausarbeitung „Effektivität des Tierschutzrechts: Tierschutzrechtskonforme Taubenhäuser, kommunale Fütterungsverbote und Nothilfe für Tiere“ auch die rechtliche Seite der Tierschutzkonformen Taubenhäuser (z. B. Punkt 3: Kommt es durch das das Aushungern-Lassen zugleich zum Hungertod der Tiere, wird die Tötung durch unterlassene Hilfe ohne „vernünftigen Grund“ begangen, strafbar nach § 17 Nr. 1 TierSchG).

Ein generelles Fütterungsverbot ohne Konzept, welches der Fürsorgepflicht der Stadt nachkommt, ist demnach rechtswidrig. Solch ein Verbot macht nur Sinn, wenn ein Taubenschlag oder eine offizielle Fütterungsstelle eingerichtet wurden und die Tiere an diese gewöhnt werden sollen. Städte haben auch laut dem Ende letzten Jahres veröffentlichten Gutachten der Berliner Tierschutzbeauftragten Fürsorgepflicht gegenüber den Stadttauben (https://www.berlin.de/lb/tierschutz/stellungnahmen/rechtsgutachten_stadttaubenschutz_rechtlicherstatus_kommunale-pflichten-und-zustaendigkeiten-2.pdf).

Eindeutig müsste in Waldshut-Tiengen mit einem Ausbau ansprechender Taubenhäuser gearbeitet werden. Der Bundesverband Menschen für Tierrechte hat ein Handbuch veröffentlicht, in dem alle notwendigen Informationen enthalten sind, um solch einen Taubenschlag zu errichten (https://www.tierrechte.de/produkt/handbuch-stadttaubenmanagement/).

Wir fordern die Stadt Waldshut auf, sich um eine Lösung zu bemühen, die dem Tierschutz gerecht wird.

 

Mit freundlichen Grüßen

Julia Thielert

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. 

 

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das Tierschutz Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.

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