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Kälbertransporte Minister Hauk

Kälbertransporte in nicht rechtskonformen Transportfahrzeugen werden von Herrn Minister Hauk geduldet

Von
XOrga – vereint für Tierrechte
mensch fair tier e.V.

An 
Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden­Württemberg 
Herr Minister Peter Hauk

 

Kälbertransporte in nicht rechtskonformen Transportfahrzeugen werden von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Hauk, geduldet


Sehr geehrter Herr Minister Hauk,


bedauerlicherweise dulden Sie offensichtlich immer noch, dass regelmäßig und in hoher Anzahl nicht abgesetzte Kälber ins Ausland – bspw. von Bad Waldsee nach Spanien – transportiert werden, obwohl diese Langstreckentransporte für diese Tiergruppe nicht unionsrechtskonform durchgeführt werden.

Am 22.2.23 stellten das Bürger:innenbündnis „X Orga – vereint für Tierrechte“ und der Verein mensch fair tier e.V.“ gemäß eines Antrags nach dem Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LIFG), Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Hauk, die Frage, ob im Land Baden-Württemberg aktuell ein sogenannter, bereits in Bayern zugelassener „Spezial-LKW“ (offensichtlich des Transportunternehmens Anton Gribl) eingesetzt wird oder ob im Land die Absicht besteht, in absehbarer Zukunft diesen „Spezial-LKW“ – von den durchführendenTransportunternehmen – zu verlangen. Am 16.3.23 haben wir aus Ihrem Ministerium folgende Antwort auf diese Frage bekommen: „In Baden-Württemberg wurde bisher kein Transportfahrzeug zugelassen, welches speziell für den Transport nicht abgesetzter Kälber ausgestattet ist.“
Desweiteren fragten wir Sie im Antrag nach dem LIFG vom 22.2.23, ob es Ihrer Information nach sichergestellt wäre (im Falle eines möglichen Einsatzes), „dass in besagtem „Spezial-LKW“ alle Tiere an die Tränkevorrichtungen gelangen können?“ Einer Antwort auf diese Frage wurde bedauerlicherweise Ihrerseits nicht stattgegeben. (Anmerkung: Bereits auf eine vorangegangene Anfrage von uns nach dem LIFG vom 28.8.22, ob das Land über Expertisen zum sogenannten Spezial-LKW“ verfügt, gab Ihr Ministerium am 2.11.22 an, dass der Landesregierung ein „Bericht der Tierschutzorganisation Animal Welfare Foundation vom 4. August 2022“ vorliegt, „der Informationen zu einem gemäß Bericht in Bayern zugelassenen Fahrzeug enthält.“)

Es ist im Übrigen anzunehmen, dass Sie, sehr geehrter Herr Minister Hauk über das Wissen verfügen, dass Saugkälber auf erwärmte Milch (od. erwärmten Milchaustauscher/MAT) und Wasser während eines Langstreckentransports angewiesen sind. Folglich sind Transportfahrzeuge für Kälber mit speziell dafür ausgestatteten (mehreren) Tränkesystemen unbedingt notwendig.
Unverzichtbar sind demnach auf dem Transportfahrzeug:

- Ein System (zur freien Verfügung während der Fahrt für die Tiere) von Wasser (mit oder ohne Elektrolytlösung) und

- ein weiteres System für Futter ( erwärmte Milch/erwärmter MAT).

Aus diesem Grund fragten wir in unserem Antrag nach dem LIFG vom 22.2.23 bei Ihnen zudem an, ob es Ihrer Information nach sichergestellt ist, dass die im Land Baden-Württemberg eingesetzten Transportmittel diesen speziellen Anforderungen entsprechen, bzw. ob die Kälber mit Milch/MAT und Wasser auf dem Transport gefüttert und getränkt werden. Bedauerlicherweise wurde der Beantwortung dieser Fragen nicht stattgegeben“.

Klar ist aber, dass Fahrzeuge, die kein explizites Tränkesystem – für nicht abgesetzte Kälber – haben, nicht im Einklang stehen mit der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates. Entsprechend schreibt Herr Bernard Van Goethem, Direktor für Krisenvorsorge im Bereich von Lebensmitteln, Tieren und Pflanzen in der GD SANTE (EUROPÄISCHE KOMMISSION GENERALDIREKTION GESUNDHEIT UND LEBENSMITTELSICHERHEIT) am 13.1.2022 auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Durchsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates, dass nicht abgesetzte Kälber nur dann auf langen Strecken befördert werden können, „wenn die in Anhang I Kapitel VI der Verordnung festgelegten besonderen zusätzlichen Bestimmungen eingehalten werden.“ (Dieses Schreiben liegt Ihnen vor – als Anhang des Schreibens von „X Orga – vereint für Tierrechte“ vom 10.2.22 an das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.) In besagtem Schreiben vom 13.1.22 nimmt die Europäische Kommission/Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gegenüber dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zur Durchsetzung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 eindeutig zu den rechtswidrigen Kälbertransporten Stellung:

Die Beförderung nicht abgesetzter Kälber (insbesondere auf langen Strecken) ist mit besonderen Herausforderungen in Bezug auf Fütterung und Tränkung verbunden. In Hinsicht auf alle Ihre Fragen möchte ich daran erinnern, dass nach Verordnung (EG) Nr. 1/2005 die Tiere nicht in einer Weise transportiert werden dürfen, die ihnen Verletzungen oder unnötige Leiden zufügen könnte. Insbesondere ist in Artikel 3 Buchstabe a der Verordnung festgelegt, dass „alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen (werden müssen), um die Beförderungsdauer so kurz wie möglich zu halten und den Bedürfnissen der Tiere während der Beförderung Rechnung zu tragen“, so Bernard Van Goethem.

Desweiteren schreibt der Direktor explizit zur Nahrungsversorgung der Kälber auf den Transporten: „… Im Transportmittel sind Futtermittel in einer Menge mitzuführen, die den Fütterungsbedürfnis­sen der betreffenden Tiere während der Beförderung gerecht werden. … Sind für die Fütterung von Tieren besondere Vorrichtungen erforderlich, so sind diese im Transportmittel mitzuführen. … Die Tränkevorrichtungen müssen stets voll funktionsfähig und so konstruiert und positioniert sein, dass sie für alle an Bord des Fahrzeugs zu tränkenden Kategorien von Tieren zugänglich sind…“

Die Kommissionsdienststellen halten es demnach für erforderlich, so B. Van Goethem, „auf langen Beförderungen nur solche Transportmittel für nicht abgesetzte Kälber einzusetzen, die den besonderen zusätzlichen Anforderungen von Anhang I Kapitel VI der Verordnung entsprechen…“
Der Direktor stellt fest:
Wenn nicht abgesetzte Kälber auf Fahrzeugen befördert werden, die nicht den Anforderungen an lange Beförderungen gemäß Anhang I Kapitel VI entsprechen und keine Fütterungs- und Tränkevorrichtung vorsehen, die für diese Tierkategorie angemessen ausgelegt sind, dann wären diese Transporte nicht mit der Verordnung vereinbar.“

Das bedeutet, dass auch die EUROPÄISCHE KOMMISSION GENERALDIREKTION GESUNDHEIT UND LEBENSMITTELSICHERHEIT formuliert, dass diese Kälbertransporte, wie sie in Baden-Württemberg durchgeführt werden, nich rechtskonform sind! Folglich werden nicht rechtskonforme Kälbertransporte weiterhin von Ihnen, sehr geehrter Herr Minister Hauk, geduldet.

Damit verschließen Sie sich sehenden Auges dem anhaltenden schweren Tierleid bei den Transporten nicht abgesetzter Kälber. Abgesehen davon, ob es überhaupt tierrechtlich, tiergesundheitlich und (tier-)ethisch angemessen, bzw. zulässig ist, nicht abgesetzte Kälber zu transportieren, müssen wir leider feststellen, dass Sie, sehr geehrter Herr Minister Hauk, im Kontext der Kälbertransporte ab Baden-Württemberg dem Unionsrecht und Ihrer Schutzpflicht gegenüber diesen gequälten Tierkindern gemäß Grundgesetz Artikel 20 a nicht nachkommen.

Sehr geehrter Herr Minister Hauk, wie lange noch dulden Sie diese Quälerei vulnerabler Kälber auf nicht rechtskonformen Transporten?


Freundliche Grüße

gez. Susanne Kirn­Egeler für „X Orga – vereint für Tierrechte“ (Bürger:innenbündnis)
gez. Petra Kletzander für „mensch fair tier e.V.“

 

Mitzeichnende Vereine/Organisationen/Privatpersonen:

- Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker (Privatperson) Arbeitsgemeinschaft Tier & Mensch

- Bürgerinitiative Lahstedt-Ilsede für TIER, MENSCH und UMWELT Bundesverband Tierschutz e. V.

- Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V.

- Dr. Kathrin Herrmann, Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin Udine Kurth (Privatperson)

- Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e. V.

- mensch fair tier e. V.

- Politischer Arbeitskreis Tierrechte in Europa - PAKT e. V.

- PETA Deutschland e. V.

- Stallbrände

- Tasso e. V.

- Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e. V.

- Dr. Eisenhart von Loeper, Rechtsanwalt (Privatperson)

- XORGA – vereint für Tierrechte

© Tierrechte Baden-Württemberg