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Stellungnahme zu SWR 2 Interview von Minister Hauk am 18.08.2022

Stellungnahme zu SWR 2 Interview von Minister Hauk am 18.08.2022

Am 18. August nahm der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Hauk an einer Diskussionsrunde mit dem Thema „Kein Geld für Bio – Warum stagniert der Öko-Landbau?“ teil (https://www.swr.de/swr2/leben-und-gesellschaft/kein-geld-fuer-bio-warum-stagniert-der-oeko-landbau-swr2-forum-2022-08-18-100.html). Darin traf er einige Aussagen zu der landwirtschaftlichen Tierhaltung in Baden-Württemberg, die wir nicht unkommentiert stehen lassen möchten.

Kreislaufwirtschaft

Minister Peter Hauk lobte die Kreislaufwirtschaft in Baden-Württemberg. „Wenn ich mir die Tierhaltung anschaue, in Baden-Württemberg haben wir eine fast komplette Kreislaufwirtschaft vorhanden.“

Falsch! Allein in Baden-Württemberg wurden im Jahr 2021 zum Beispiel insgesamt 9216 Kälber in 45 Transporten vom Südwesten ins Ausland transportiert. Tendenz steigend, denn im Jahr 2020 waren es noch 7979 Kälber in 39 Transporten. Diese Tiere hat Hauk bei seiner Kreislaufwirtschaft wohl vergessen.

Gesundheit

Lebensmittel aus Deutschland seien generell als gesundheitlich unbedenklich einzustufen, so Hauk weiter. Dabei beschäftigt der Einsatz von Antibiotika in der konventionellen Tierhaltung Mediziner*innen seit Jahren. Im letzten Monat wurden Maden in 800 kg Rindfleisch in einer Metzgerei in Frankfurt entdeckt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft rotes Fleisch als „wahrscheinlich krebserregend“ ein. Verarbeitetes Fleisch ist laut WHO ein Karzinogen der Klasse eins, also krebserregend. Krebs ist nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Haupttodesursache in Deutschland.

Nachhaltigkeit

Hauk behauptet während der Diskussion, dass die konventionelle Tierhaltung nachhaltig sei. Auch das ist vorbei an der Wahrheit. Die Tierhaltung ist wissenschaftlich schon lange als Haupteinflussfaktor für den Klimawandel belegt. In Baden-Württemberg ist die Landwirtschaft kleinteiliger als in anderen Bundesländern, gab Hauk zu bedenken. Das ist wahr, bedeutet aber nicht automatisch mehr Nachhaltigkeit oder weniger Tierleid. Erst heute veröffentlichte SOKO Tierschutz einen neuen Schlachthofskandal in Baden-Württemberg.

Hauk lobte weiterhin, dass er in Baden-Württemberg keinen Betrieb kennt, der Soja aus dem Regenwald importiert. Baden-Württemberg arbeitet wie Bayern zum Großteil mit eigens angebautem Soja. Diese Tatsache stimmt zwar, Bayern und Baden-Württemberg sind die Hauptanbaugebiete für Soja in Deutschland - ABER das macht dieses Vorgehen nicht nachhaltig. Gentechnisch unverändertes Soja aus Deutschland könnte wunderbar direkt zu pflanzlicher Milch, Tofu und anderen Proteinquellen verarbeitet werden, anstatt es an Tiere zu verfüttern. Die Tierhaltung wird nicht automatisch nachhaltig, indem man Futtermittel selbst anbaut. Um 1 Kilogramm Rindfleisch zu erzeugen, benötigt man 3,9 bis 9,4 kg Getreide, 15.400l Wasser und eine Fläche von 27 bis 49 Quadratmetern. Tierprodukte sind niemals nachhaltiger, als die direkte Verarbeitung dieser Ressourcen ohne den Umweg über das Tier! Das wurde von Universitäten wie Harvard und Oxford intensiv aufgearbeitet. Außerdem ist Baden-Württemberg nicht autark, sondern importiert auch Produkte aus dem Ausland und anderen Bundesländern.

Tierwohl

Hauk behauptet in der Diskussion, dass auch der konventionelle Landwirt das Tierwohl an erste Stelle stellt. Letztlich würde ja das Kapital dieser Landwirt*innen in dem Wohlergehen der Tiere liegen, diese hätten daher kein Interesse, dass eine „Milchkuh“ nach 2 Jahren den Geist aufgibt, so Hauk. Dass gerade Hauk diese Aussage tätigt, verwundert. Baden-Württemberg hatte in den letzten Jahren mehrere Tierschutzskandale, die deutschlandweit durch die Medien gingen. Diese haben mit Fällen wie Erligheim oder Biberach gezeigt, dass ein kleiner Betrieb niemals automatisch für Tierwohl steht. Letzten Monat flog außerdem einer der größten Kaninchenzüchter Deutschlands mit Aufnahmen extremer Tierquälerei auf, ebenfalls ansässig in Baden-Württemberg.

Allgemein werden die Tiere in der landwirtschaftlichen Tierhaltung auf Leistung gezüchtet. All die heute genutzten Tiere sind Qualzüchtungen, die innerhalb kürzester Zeit ausgepresst werden. So wird eine „Milchkuh“ ca. 5 Jahre leben, ihre natürliche Lebenserwartung wäre bis zu 25 Jahre. Sobald die Leistung nachlässt, werden alle Tiere entsorgt. Den Landwirt*innen geht es also nicht um Tierwohl, sondern ganz einfach um Profit. Dieser entsteht in den heutigen Haltungssystemen aber auch über die Masse, die einzelne Verluste ausgleicht. Einen wirklichen Wert stellen einzelne Tiere nicht dar.

Nach Bayern halten die Landwirt*innen in Baden-Württemberg die meisten Tiere in Anbindeställen, nämlich rund 13 Prozent aller Rinder und knapp 17 Prozent aller „Milchkühe“. Mit Interesse am Tierwohl hat das nichts zu tun!

Landwirtschaftsbetriebe mit Tierhaltung werden in Baden-Württemberg im Schnitt nur alle 19,3 Jahre amtstierärztlich kontrolliert. Wenn man also so selten hinschaut, braucht es einen auch nicht zu wundern, dass man denkt, es wäre alles schön in Baden-Württemberg.

© Tierrechte Baden-Württemberg