Pflanzenpower

Jeder Teller zählt: Mit veganer Ernährung schützen wir Tiere, die Umwelt und unsere Gesundheit. Hier zeigen wir Ihnen, wie einfach und bereichernd es ist, pflanzlich zu leben – für eine Welt, in der alle Lebewesen ein gutes Leben führen können.

Auf dieser Seite erfahren Sie, warum vegane Ernährung ein wichtiger Baustein für den Tierschutz ist, wie Sie den Einstieg finden, und wie vielseitig und genussvoll die pflanzliche Küche sein kann. Lassen Sie sich inspirieren und entdecken Sie, wie einfach es ist, mit jedem Bissen einen Unterschied zu machen!

Wir möchten unsere Community – und darüber hinaus – kompetent und ganzheitlich in Sachen veganer Ernährung aufklären und beratend zur Seite stehen. Daher haben wir die vegane Ernährungsberaterin Alena Thielert im Team. 

Sie haben Fragen rund um die vegane Ernährung? Dann wenden Sie sich gerne an Alena unter a.thielert@tierrechte-bw.de. 

Foto: © We Animals

Unsere Ernährung hat weitreichende Auswirkungen – nicht nur auf unsere Gesundheit, sondern auch auf die Umwelt und das Leben der Tiere, die mit uns diesen Planeten teilen. Vegane Ernährung geht weit über eine reine Ernährungsweise hinaus: Sie ist eine bewusste Entscheidung für eine gerechtere und nachhaltigere Welt.

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1. Für die Tiere

Jedes Jahr leiden und sterben Milliarden von Tieren in der industriellen Landwirtschaft. Sie werden ausgebeutet, eingesperrt und getötet – oft unter grausamen Bedingungen. Vegan zu leben bedeutet, diese Praktiken nicht länger zu unterstützen. Es ist ein klarer Schritt hin zu einer Welt, in der Tiere als fühlende Wesen respektiert werden, die ein Recht auf ein freies und artgerechtes Leben haben.

2. Für die Umwelt

Die industrielle Tierhaltung gehört zu den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen und Umweltzerstörung. Sie trägt maßgeblich zur Abholzung der Regenwälder, zum Verlust der Artenvielfalt und zur Verschmutzung von Böden und Gewässern bei. Eine pflanzliche Ernährung hingegen schont Ressourcen und hilft, unseren ökologischen Fußabdruck erheblich zu reduzieren.

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3. Für die Gesundheit

Einige Studien belegen, dass eine gut geplante vegane Ernährung zahlreiche gesundheitliche Vorteile bieten kann: Sie senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Typ 2 und einige Krebsarten. Pflanzliche Lebensmittel sind reich an Nährstoffen, Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen, die unsere Gesundheit fördern und uns Energie für den Alltag geben.

4. Für eine gerechtere Welt

Die Produktion tierischer Produkte verbraucht unverhältnismäßig viele Ressourcen wie Wasser, Land und Energie. Gleichzeitig hungern Millionen Menschen weltweit, obwohl die Ressourcen für eine pflanzliche Ernährung ausreichen würden, um alle Menschen zu ernähren. Denn die Futtermittel, die den Tieren zur Verfügung gestellt werden, könnten ebenso gut für den menschlichen Verzehr genutzt werden. Große Mengen an Getreide und Soja werden als Futtermittel für Tiere verwendet, anstatt sie direkt für die menschliche Ernährung zu nutzen. Veganismus ist daher auch ein Beitrag zu globaler Gerechtigkeit.

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Vegan ist eine Bereicherung

Vegan zu leben ist keine Einschränkung, sondern eine Chance, die Welt aus einer neuen Perspektive zu entdecken. Es eröffnet kulinarische Vielfalt, stärkt das Mitgefühl und zeigt, wie viel wir durch kleine, alltägliche Entscheidungen bewirken können.

Der Umstieg auf eine vegane Ernährung ist eine Reise – spannend, bereichernd und oft einfacher als viele denken. Es geht nicht darum, von heute auf morgen alles perfekt zu machen, sondern Schritt für Schritt bewusster zu leben und zu essen. Jeder kleine Schritt zählt und macht einen Unterschied für die Tiere, die Umwelt und Ihre Gesundheit.

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1. Starten Sie mit dem, was Sie lieben

Beginnen Sie mit den Lebensmitteln und Gerichten, die Sie ohnehin mögen. Viele traditionelle Rezepte lassen sich leicht veganisieren – ob Pasta mit Tomatensauce, Curry mit Kokosmilch oder Ihre Lieblingssuppe. Entdecken Sie pflanzliche Alternativen für Milch, Joghurt und Käse, die es mittlerweile in großer Vielfalt gibt.

2. Fokus auf pflanzliche Grundzutaten

Pflanzliche Ernährung basiert auf einer Vielzahl natürlicher und nahrhafter Zutaten:

  • Hülsenfrüchte: Linsen, Kichererbsen, Bohnen – reich an Eiweiß und Ballaststoffen.
  • Getreide: Hafer, Reis, Quinoa und Vollkornprodukte spenden Energie und Nährstoffe.
  • Gemüse & Obst: Frisch, saisonal und bunt – die Basis jeder Mahlzeit.
  • Nüsse & Samen: Perfekt für Snacks, Salate oder zum Verfeinern von Gerichten.

3. Informieren Sie sich über Nährstoffe

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Eine ausgewogene vegane Ernährung ist gesund und vielseitig, wenn Sie ein paar Nährstoffe im Blick behalten:

  • B12: Ergänzen Sie diesen essenziellen Nährstoff durch ein Nahrungsergänzungsmittel.
  • Eisen, Kalzium und Omega-3: Achten Sie auf eisenreiche Lebensmittel wie Haferflocken, Kalzium aus grünem Gemüse oder angereicherten Pflanzendrinks und Omega-3-Fettsäuren aus Leinsamen.
  • Vitamin D: Allen voran in den Wintermonaten sollten Sie Vitamin D supplementieren, da in dieser Zeit die natürliche Sonnenstrahlung nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken.

4. Nutzen Sie hilfreiche Apps

Die digitale Welt bietet viele praktische Apps, die den veganen Alltag erleichtern. Denn diese Helfer machen es einfacher, auch unterwegs oder im Supermarkt schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen:

  • Happy Cow: Hilft Ihnen, weltweit vegane und vegan-freundliche Restaurants, Cafés und Shops zu finden.
  • CodeCheck: Scannt Produkte und zeigt an, ob sie vegan sind und welche Inhaltsstoffe enthalten sind.
  • Vanilla Bean: Ist Ihnen beim veganen Einkauf eine Hilfe und zeigt darüber hinaus noch Rezepte und Restaurants an.
  • Koch- und Rezepte-Apps: Bieten Rezeptideen und Inspiration für jede Gelegenheit. Eine mögliche App ist PlantJammer. Hier können Sie Lebensmittel eingeben, die Sie bereits zu Hause haben und daraus werden mögliche Gerichte kreiert. Probieren Sie sich einfach etwas durch und finden Sie Ihre Lieblingsapp!
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5. Seien Sie neugierig und probieren Sie Neues aus

Der Einstieg in die vegane Ernährung ist die perfekte Gelegenheit, neue Lebensmittel und Geschmacksrichtungen zu entdecken. Von exotischen Gewürzen bis zu internationaler Küche – die pflanzliche Ernährung bietet eine beeindruckende Vielfalt. Es gibt mittlerweile unzählige Rezept-Blogs und Kochbücher, die Ihnen behilflich sind.

6. Finden Sie Ihre Community

Gemeinsam macht alles mehr Spaß! Vernetzen Sie sich mit anderen, die vegan leben, oder besuchen Sie vegane Veranstaltungen. In sozialen Medien, Foren und Kochkursen finden Sie Inspiration und Unterstützung. Recherchieren Sie am besten mal, was es in Ihrer Nähe gibt.

7. Fehler sind okay

Perfektion ist nicht das Ziel. Es geht darum, bewusster zu leben und Stück für Stück Veränderungen umzusetzen. Jeder vegane Tag ist ein Gewinn für die Tiere, die Umwelt und natürlich Ihre eigene Gesundheit.

Ihr erster Schritt zählt

Ob Sie mit einem veganen Tag pro Woche starten oder direkt komplett umsteigen – jeder Schritt in Richtung einer pflanzlichen Ernährung bringt Sie Ihrem Ziel näher: Ein Leben im Einklang mit Ihren Werten.

Probieren Sie es aus und lassen Sie sich überraschen, wie genussvoll, vielfältig und einfach vegan sein kann!

Eine ausgewogene vegane Ernährung kann alle wichtigen Nährstoffe liefern, wenn sie bewusst und abwechslungsreich zusammengestellt wird. Hier sind einige Nährstoffe aufgeführt, auf die Sie achten sollten:

1. Vitamin B12

Vitamin B12 ist für Nerven, Blutbildung und Zellteilung essenziell. Da es fast ausschließlich in tierischen Produkten vorkommt, sollte es in veganer Ernährung unbedingt durch ein Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel aufgenommen werden.

2. Proteine

Sie sind wichtig für eine gesunde Muskelfunktion, den Stoffwechsel und das Immunsystem. Für den Körper spielt es keine Rolle, woher die Proteine stammen. Für ihn ist es lediglich entscheidend, dass alle acht bis neun essenziellen Aminosäuren (die Bausteine der Proteine) über die Ernährung zugeführt werden. Pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Tofu, Tempeh, Quinoa, Nüsse und Samen liefern alle essenziellen Aminosäuren und sind eine hervorragende Alternative zu tierischem Eiweiß. Allen voran Soja weist ein hervorragendes Aminosäureprofil auf und hat eine hohe biologische Wertigkeit. Durch geschickte Kombination verschiedener Eiweißlieferanten können alle essenziellen Aminosäuren abgedeckt werden. Denn die eine Quelle weist das Defizit einer anderen aus. Eine dieser Kombinationen wäre z.B. Hülsenfrüchte und Getreide. Hülsenfrüchte enthalten viel Lysin, aber wenig Methionin. Bei Getreide ist es genau andersherum, weshalb sie sich hervorragend ergänzen. 
So können Sie z.B. zum Frühstück Vollkornbrot mit Hummus essen und zum Mittagessen Reis mit Bohnen. Bei einer veganen Ernährung sollte die tägliche Proteinzufuhr bei etwa 1 g pro kg Körpergewicht liegen. 

3. Eisen

Eisen ist in pflanzlichen Quellen wie Linsen, Bohnen, Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse und Nüssen enthalten. Um die Aufnahme zu verbessern, können Sie es gemeinsam mit Vitamin C-reichen Lebensmitteln (z.B. Zitrusfrüchte) verzehren. 

4. Kalzium

Dieser Nährstoff ist wichtig für gesunde Knochen und zur Vorbeugung von Osteoporose. Pflanzliche Kalziumquellen sind grünes Blattgemüse (Rucola, Brokkoli, Grünkohl), Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse. Außerdem gibt es einige Pflanzendrinks, die mit Kalzium angereichert sind. Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D ist für eine gute Kalziumversorgung essenziell, da es die Aufnahme verbessert.  

5. Vitamin D

Hierbei handelt es sich streng genommen nicht um ein Vitamin, sondern um ein Pro-Hormon. Das heißt, es kann von unserem Körper selbst hergestellt werden. Hierfür ist allerdings die Sonne nötig. In den Sommermonaten sollten Sie sich also 5-30 Minuten pro Tag (je nach Tageszeit und Hauttyp) in der Sonne aufhalten und dabei 25 % der Haut unbedeckt sein. Von Oktober bis März reicht die Sonnenstrahlung in Deutschland nicht aus, so dass in dieser Zeit ein Supplement genutzt werden sollte. Ein solches Supplement sollte ein Kombi-Präparat aus Vitamin D und K2 sein, da zwischen diesen beiden eine Wechselwirkung beim Knochenstoffwechsel besteht. 

6. Omega-3-Fettsäuren

Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind essenzielle Nährstoffe, die der Körper nicht selbst herstellen kann – sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Omega-3-Fettsäuren spielen eine zentrale Rolle für das Herz-Kreislauf-System, das Immunsystem und die Gehirnfunktion. Sie sind wichtig für die Entwicklung von Nervenzellen, die Augennetzhaut und helfen, Entzündungsprozesse im Körper zu regulieren.
Pflanzliche Quellen für Omega-3-Fettsäuren liefern Alpha-Linolensäure (ALA), aus der der Körper weitere wichtige Fettsäuren wie EPA und DHA bilden kann. Besonders reich an ALA sind Leinsamen, Hanfsamen, Chiasamen, Walnüsse und die daraus gewonnenen Öle. Bereits ein Teelöffel Leinöl oder eine Handvoll Walnüsse deckt den täglichen Bedarf.
Eine zusätzliche Versorgung mit EPA und DHA kann durch Mikroalgenöl erfolgen – besonders empfehlenswert in Schwangerschaft und Stillzeit.
Das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 ist entscheidend: Ein zu hoher Omega-6-Anteil kann die Bildung von EPA und DHA hemmen und entzündungsfördernd wirken. Idealerweise sollte das Verhältnis bei 5:1 liegen.

7. Jod, Zink, Selen und Vitamin B2

  • Jod: Algen oder jodiertes Salz sind gute Quellen.
  • Zink: Enthalten in Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkornprodukten.
  • Selen: Paranüsse liefern eine hohe Menge an Selen.
  • Vitamin B2:

Gut geplant ist halb gewonnen

Mit einer abwechslungsreichen, vollwertigen pflanzlichen Ernährung können Sie alle Nährstoffe aufnehmen, die Ihr Körper braucht. Ergänzend können regelmäßige Bluttests helfen, um eventuelle Defizite frühzeitig zu erkennen und auszugleichen.

Rund um die vegane Ernährung gibt es viele Vorurteile und Missverständnisse. Hier räumen wir mit einigen der häufigsten Mythen auf:

1. „Veganer bekommen nicht genug Eiweiß“

Falsch! Pflanzliche Proteinquellen wie Linsen, Bohnen, Tofu, Tempeh, Quinoa und Nüsse liefern alle essenziellen Aminosäuren. Eine abwechslungsreiche Ernährung deckt den Proteinbedarf problemlos.

2. „Vegan ist teuer“

Nicht unbedingt. Grundnahrungsmittel wie Hülsenfrüchte, Reis, Gemüse und Obst sind oft günstiger als Fleisch- und Milchprodukte. Ersatzprodukte können teurer sein, sind aber nicht zwingend notwendig.

3. „Ohne Fleisch und Milch fehlt es an Nährstoffen“

Eine gut geplante vegane Ernährung liefert alle essenziellen Nährstoffe. Lediglich Vitamin B12 sollte supplementiert werden – ein Nährstoff, der in der konventionellen Landwirtschaft ohnehin oft zugefüttert wird.

4. „Vegane Ernährung ist kompliziert“

Ganz im Gegenteil! Viele traditionelle Gerichte sind von Natur aus vegan oder lassen sich leicht anpassen. Zudem gibt es zahlreiche Apps, Kochbücher und Online-Ressourcen, die den Einstieg erleichtern.

5. „Pflanzliche Ernährung macht nicht satt“

Ballaststoffreiche Lebensmittel wie Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sorgen für ein langanhaltendes Sättigungsgefühl und stabilen Blutzucker.

6. „Veganismus bringt nichts“

Jede Mahlzeit zählt! Jede Entscheidung für pflanzliche Lebensmittel spart Tierleid, schont Ressourcen und reduziert den ökologischen Fußabdruck. Schon ein einziger veganer Tag pro Woche macht einen Unterschied.

7. „Veganer essen nur Salat und Tofu“

Weit gefehlt! Die vegane Küche ist bunt und vielfältig. Von exotischen Currys über herzhafte Eintöpfe bis zu köstlichen Desserts – die pflanzliche Ernährung eröffnet eine ganze Welt kulinarischer Möglichkeiten.

8. „Sojaanbau zerstört den Regenwald“

Der Großteil des globalen Sojaanbaus dient als Futtermittel für die Tierindustrie, nicht für die Herstellung von Tofu oder Sojadrinks. Wer pflanzlich lebt, trägt also eher zur Reduktion des Sojakonsums bei, da die „Umweg-Ernährung“ über Tiere vermieden wird.

9. „Veganer sind schwach und haben keine Energie“

Viele Spitzensportler*innen leben vegan und erzielen Höchstleistungen. Pflanzliche Ernährung kann reich an komplexen Kohlenhydraten, Eiweiß und gesunden Fetten sein – perfekt für Energie und Muskelaufbau.

10. „Vegane Ernährung ist nur ein Trend“

Veganismus gibt es schon lange, und er basiert auf ethischen und ökologischen Überzeugungen. Der zunehmende Trend spiegelt das wachsende Bewusstsein für Tierschutz, Umweltprobleme und Gesundheitsaspekte wider.

11. „Pflanzliche Alternativen sind ungesund und künstlich“

Viele Ersatzprodukte sind mittlerweile natürlich und nährstoffreich, zum Beispiel auf Basis von Hülsenfrüchten oder Vollkorn. Eine ausgewogene vegane Ernährung setzt auf vollwertige Lebensmittel – Fertigprodukte sind eine optionale

 Ergänzung.

12. „Kinder und Schwangere können nicht vegan leben“

Studien zeigen, dass eine gut geplante vegane Ernährung für alle Lebensphasen geeignet ist – auch für Kinder, Schwangere und Stillende. Wichtig sind eine ausgewogene Nährstoffzufuhr und regelmäßige ärztliche Kontrollen.

Fazit: Vegan ist gesund, nachhaltig und vielfältig

Viele Mythen über vegane Ernährung halten sich hartnäckig, doch wissenschaftliche Studien und Erfahrungen zeigen: Pflanzlich zu leben ist weder ungesund noch kompliziert – es ist eine bewusste Entscheidung für Tiere, Umwelt und die eigene Gesundheit.

Förderung betreuter Taubenschläge nach dem ,,Augsburger Modell" in Baden-Württemberg

Unsere Städte in Baden-Württemberg sind überfüllt mit hunderttausenden von Stadttauben, Teile der Bevölkerung fühlen sich belästigt, aber die betroffenen Kommunen und Vereine haben nicht die nötigen Mittel und ein nachhaltiges und erfolgreiches Taubenmanagement mit betreuten Tabenschlägen nach dem Augsburger Modell zu praktizieren. Mit Hilfe einer Förderung durch das Land Baden-Württemberg könnte dieses große Problem gelöst werden. 

In regelmäßigen Abständen erreichen unseren Verein Bitten von Bürger*innen, sie bei der Umsetzung eines tierschutz-adäquaten Stadttaubenmanagements zu unterstützen. Einerseits sehen viele Gemeinden die Stadttaubensituation als Störfaktor, andererseits gibt es wenig Bereitschaft, da die Mittel fehlen, sich der Situation angemessen anzunehmen.

Dabei ist die einzige wirksame und tierschutzgerechte sowie auch tierschutzrechtlich akzeptable Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten die Einrichtung betreuter Taubenschläge nach dem Augsburger Modell an geeigneten Plätzen, an denen die Tiere mit artgerechtem Futter sowie Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (1). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. In den Taubenschlägen können unkompliziert die Eier gegen Gipsatrappen getauscht werden und es kann somit die Taubenpopulationkontrolliert werden indem sie zunächst verringert und dann auf einem akzeptablen Niveau gehalten wird. 

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Stadttauben können Ähren nicht entspelzen, was verhindert, dass sie – wie landläufig fälschlicher Weise angenommen wird – zum “Feldern” ins Umland fliegen und wie Wildvögel auf Wiesen und auf Feldern Nahrung aufnehmen können. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Abfälle der Menschen zu essen, die sie auffinden können. Dies führt auch zu einem vermehrten Absatz des flüssigen Hungerkots, in dessen Folge es zu einer vermehrten Verschmutzung der Innenstädte kommt, von der sich Teile der Bevölkerung belästigt fühlen. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann diesbezüglich eine Verbesserung erreicht werden. Zudem fördern hohe Populationsdichten von Stadttauben das Auftreten von Taubenspezifischen Infektionskrankheiten– die zwar für den Menschen kein erhöhtes Infektionsrisiko darstellen, die Tiere jedoch schwächen und zu erheblichen Leiden bis hin zum Verenden führen können.

In vielen Kommunen existieren ordnungsrechtliche Fütterungsverbote, die nur bei vorhandenem Stadttaubenmanagement rechtskonform sind.

In betreuten Taubenschlägen bekommen die Tiere ausreichend artgerechtes Futter, zudem können sie dort Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, sodass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

Einem Gutachten (Arleth C., Hübel J.: Rechtsgutachten Stadttaubenschutz.) zufolge handelt es sich bei Stadttaubenum Fundtiere (2). Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie im Laufe der Domestizierung über Jahrtausende in seine Abhängigkeit züchtete. Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung dieser dauerhaften menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderung.

Trotzdem sind es meistens Privatpersonen, die die Kosten für die Anschaffung eines Taubenschlages (bspw. ein Bauwagen, Container o.ä.) und das Futter tragen. 

Beispielsweise stellt die Landestierschutzbeauftragte von Berlin, Frau Dr. Kathrin Hermann, zu diesem Zweck Gelder aus dem Berliner Haushalt zur Verfügung. Dieses kann von den Bezirken für den Bau von Pilot-Taubenschlägen abgerufen werden. Um die Mittel zielgerichtet einsetzen zu können, sollten folgende drei Anforderungen erfüllt sein:

1. EIn geeigneter Standort; 

2. die Sicherstellung der Betreuung des Taubenschlages; 

3. ein(e) Ansprechpartner*in innerhalb der Bezirksverwaltung.

 

Die Errichtung betreuter Taubenschlägen an geeigneten Standorten nach dem Augsburger Modell, in denen Tauben artgerechtes Futter angeboten und Eier durch Attrappen ausgetauscht werden, ist die einzig tierschutzgerechte und zu gleich die erfolgversprechendste und nachhaltigste Möglichkeit, die Stadttaubenpopulation deutlich zu verringern,  Tierleid zu vermeiden und die Kosten der Städte im Hinblick auf Reinigungs- und Vergrämungsmaßnahmen deutlich zu senken. Auch werden die Bürger*innen stark entlastet – die Bürgerbeschwerden entfallen. Der Bau von betreuten Taubenschlägen nach dem Augsburger Modell wird auch vom Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen beschrieben: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019 (4), und wurde auch in den – mittlerweile veralteten – Empfehlungen des Landestierschutzbeirats Baden-Württemberg zur Regulierung der Taubenpopulation in Städten, herausgegeben vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg im Jahr 2005, beschrieben.

 

Kosten für 1 Taubenschlag ca. 500 Tauben
Bau Taubenschlag inclusive Innenausstattung ca. 25.000,- €

Betreuungs- und Versorgungskosten jährlich ca. 15.000,- €

Bisher sind keine Fördermittel für gemeinnützige Taubenvereine und Kommunen im Haushalt des Landes vorgesehen. 

Zukünftig sollten, wie seit 2022 auch im Land Niedersachsen, Haushaltsmittel für die Errichtung und die Unterhaltung betreuter Taubenschläge bereitgestellt werden, die eingetragene Tierschutzorganisationen und Gemeinden in Baden-Württemberg unterstützen.

Wir, die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieser Petition, bitten Sie als zuständigen Minsister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz daher um Förderung dieser wichtigen Maßnahme zur Eindämmung der Taubenpopulationen in den Kommunen. 

Wir ersuchen dabei um die Förderung des Baus von betreuten Taubenschlägen nach dem Ausburger Modell, der Einrichtung von betreuten Futterplätzen für die noch nicht an einen Schlag gebundenen “noch-obdachlosen” Tauben oder für Areale, in denen ein Bedarf herrscht, jedoch Taubenschläge aufgrund örtlicher Gegebenheiten nicht einrichtbar sind, sowie die Übernahme der laufenden Kosten für die Betreibung, einschließlich der Pflege, ggf. tiermedizinischen Versorgung und des artgerechten Futters in den Taubenschlägen ebenso wie an den betreuten Futterplätzen.

Zudem fordern wir eine Verpflichtung aller Kommunen mit höherer Stadttaubendichte zur Errichtung von Taubenschlägen – bedarfsweise in Verbindung mit betreuten Futterplätzen – zur Populationskontrolle und Fütterung der Tiere, um das Leid der Tiere zu vermindern, öffentliche Kosten zu senken, Bürgerbeschwerden abzuwenden, und letztlich damit eine großflächige Populationskontrolle in Baden-Württemberg zu erreichen.

Diese Maßnahmen der Bestandskontrolle, artgerechten Fütterung sowie Unterbringung der Tauben gem. dem Augsburger Modell würden dazu beitragen, den “ethischen Tierschutz” in Baden-Württemberg zu verwirklichen. Dieser erlangte bereits vor über 20 Jahren mit Zweidrittelmehrheiten des Bundesrates und des Bundetags Verfassungsrang durch die Implementierung des “Staatsziels Tierschutz” in Artikel 20a Grundgesetz im Jahre 2002. Gemäß amtlicher Begründung des Bundestags trägt dies „dem Gebot eines sittlich verantworteten Umgangs des Menschen mit dem Tier Rechnung“ (5). „Daraus folgt die Verpflichtung, Tiere in ihrer Mitgeschöpflichkeit zu achten und ihnen vermeidbare Leiden zu ersparen.“ Die Staatszielbestimmung ruft insbesondere die Legislative und Exekutive dazu auf, die Belange und den Schutz der Tiere zu verwirklichen. Es geht beim Staatsziel Tierschutz um nicht weniger, als den Schutz der Tiere vor nicht artgemäßer Haltung, vermeidbaren Leiden, Zerstörung ihrer Lebensräume und ihrer Achtung als unsere Mitgeschöpfe.

Ein auch für andere Bundesländer wegweisender Umgang mit den Stadttauben entsprechend den Vorgaben des Tierschutzgesetzes (einschlägig sind hier die Paragraphen 1, 2 und 17), sowie des ethischen Tierschutzes in Umsetzung der Staatszielbestimmung wäre zeitgemäß und Baden-Württemberg soll hier eine Vorreiterrolle einehmen und vorbildhaft für andere Bundesländer den ethischen Tierschutz verwirklichen.

 

Anhang

Definition Stadttauben

Sog. Stadttauben (Columba livia forma domestica) sind Nachkommen von Haustauben wie Brief-, Hochzeits- oder sonstige Zuchttauben, die aus verschiedenen Gründen nicht mehr zu ihrem ursprünglichen Taubenschlag zurückgefunden und sich einer Stadttaubenpopulation angeschlossen haben. 
Tauben wurden früher als Nutztiere gehalten (als Fleisch-, Eier- und Düngerlieferanten oder als sog. Brieftauben zur Übermittlung von Nachrichten), als sie dann nicht mehr gebraucht wurden, wurden viele Taubenschläge geschlossen. Es handelt sich bei den Stadttauben somit nicht um Wildtiere, sondern um obdachlose Haustiere. Sie wurden über Jahrtausende vom Menschen domestiziert. Diese Domestikation ist nicht mehr umkehrbar(vgl. Rechtsgutachten von Dr. jur. Christian Arleth/Dr. med. vet. Jens Hübel, (2))

Augsburger Modell

99 % der Städte mit Taubenmanagement in Deutschland entscheiden sich für das nachgewiesen erfolgreiche Augsburger Modell. Die Erfolgskontrolle erfolgt durch Zählung derausgetauschten Eier in einem Schlag, dem Sinken der Reinigungskosten auf privatem und öffentlichem Gelände und dem Ausbleiben von Beschwerden der Bürger und Gewerbetreibenden (Einzelhandel, Bäckereien, Gastronomen). Dies ist mit Abstand die erfolgreichste, effektivste, nachhaltigste, tierschutzkonformste und kostengünstigste Lösung für die Kommunen. 

Die Umsetzung des Konzepts basiert auf wissenschaftlichen Veröffentlichungen und praktischen Erfahrungen von vielen verschiedenen Kommunen und wird als alleiniges Konzept vom zuständigen Ministerium in Baden-Württemberg empfohlen. 

Ziel des Augsburger Models ist die Reduktion der Population durch Eiaustausch. Sobald die Tauben – nach einer Phase des schrittweisen „Hineinlotsens“ der Tiere in den Taubenschlag – im Schlag angesiedelt sind, verbringen sie 80 % des Tages im Schlag und setzen somit den Hauptteil des Kotes im Schlag ab, der einfach und hygienisch entfernt werden kann. Die Tauben müssen nicht zur Nahrungssuche auf die Straßen und in die Fußgängerzonen. Die Fußgänger und die Gastronomie werden nicht mehr belästigt und die Reinigung der umliegenden Häuser und Straßen von Taubenkot entfällt.

Vorteile Taubenschlag, nach dem Augsburger Modell:

  • Durch den Eiertausch im Schlag wird eine Vermehrung der Tauben verhindert, die Population nimmt ab;
  • Tauben befinden sich 80 % des Tages im Schlag. Der Kot bleibt im Schlag und kann mühelos entfernt werden;
  • Tauben sitzen nur noch selten und vereinzelt auf den Dächern und Balkonen, sie sind auf öffentlichen Flächen, Märkten und den Außenflächen der Gastronomiebetriebe nicht mehr Nahrungs-suchend anzutreffen.
  • Das Leid der Tiere wird vermindert und deren Gesundheit und Wohlbefinden verbessert. (Vgl. dazu den Grundsatz des Tierschutzgesetzes in § 1 Satz 1: „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen. […]”)

 

Quellen

(1) Weyrather, A. (2021, Hrsg. Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.: Grundlagen für ein effizientes, tierschutzgerechtes Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten. Eine Handreichung für die Praxis; https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf

(2) Arleth C., Hübel J. (2021): Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Hrsg.: Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskiminierung ,Hier kostenlos herunterladen.

(3) Landestierschutzbeauftragte Berlin: Bau von Pilot-Taubenschlägen in Berliner Bezirken, https://www.berlin.de/lb/tierschutz/tauben/artikel.1290446.php

(4) Tierschutzbeirat des Landes Niedersachsen: Empfehlungen zur tierschutzgerechten Bestandskontrolle der Stadttaubenpopulation. Überarbeitete Fassung von 2019. https://www.ml.niedersachsen.de/startseite/service/publikationen_downloads/tiergesundheit-tierschutz-5295.html

 (5) Bundestags-Drucksache14/8860 vom 23.04.2002 https://dserver.bundestag.de/btd/14/088/1408860.pdf

 

Für die fachliche Unterstützung bei der Ausarbeitung dieser Petition bedanken wir uns bei:

Dr. Norbert Alzmann, Biologe und Bioethiker

Antje Konz, Inhaberin der Firma VitaGood

Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte Baden-Württemberg