Leserbrief zu „Taubenplage am Marktplatz” am 11.02.2022 im Acher-Bühler Bote und am 10.02.2022 in der Acher-Rench-Zeitung
Bezüglich eines Aufrufes, Menschen an das Ordnungsamt zu melden, die in Achern die Tauben füttern, haben wir den unten folgenden Leserbrief an die beiden genannten Zeitungen gesandt. Wir erhielten von beiden Zeitungen Rückmeldung, dass sie das Thema genauer aufarbeiten möchten und unsere Anregungen aufnehmen. Auch soll ein Kontakt zu den örtlichen Taubenschützern aufgenommen werden, um ihre Seite darstellen zu können. Wir unterstützen die Taubenfreunde in Achern bereits seit letztem Jahr, um die Errichtung eines Taubenschlags zu erreichen. Dazu haben wir auch eine aktuelle Mitmachaktion (https://www.tierrechte-bw.de/index.php/news-leser/mitmachaktion-fuer-die-stadttauben-in-achern.html).
In unserem Leserbrief arbeiten wir vor allem die rechtliche Seite der Stadttaubenproblematik auf, insbesondere die genereller Fütterungsverbote. Unseren Brief veröffentlichen wir hier, da es leider in vielen Städten Probleme mit den Stadttauben gibt und wir so vielleicht noch anderen Menschen helfen können.
Unser Leserbrief
Sie schreiben, dass Taubenkot Gebäudeschäden verursacht. Dazu gibt es eine umfangreiche Studie der Universität Darmstadt, die das widerlegt (1). Taubenkot ist pH-neutral bis schwach sauer. Damit hat er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Gebäudezerstörung. Auch ist es sinnvoll und wichtig, Tauben artgerecht zu füttern, sodass sie keinen Durchfall haben. Dadurch minimieren sich auch Verunreinigungen an Gebäuden. Noch erfolgreicher lassen sich Verunreinigungen durch einen geführten Taubenschlag vermeiden, in welchem die Tiere 80 % ihres Kots absetzen. Aus Städten wie Augsburg weiß man, dass die Kosten für die Errichtung und Pflege eines Taubenschlags langfristig weitaus günstiger sind als die Reinigungskosten in den Innenstädten. Augsburg, Stuttgart, Karlsruhe und Tübingen arbeiten in Baden-Württemberg bereits mit geführten Taubenschlägen.
Freiwillige haben sich in Achern mehrfach für die kostenlose Arbeit in einem Taubenschlag angeboten. Oberbürgermeister Muttach und Bürgermeister Stiefel wurden auch von uns auf die Notwendigkeit eines Taubenschlags und das in der Stadt vorhandene Hilfsangebot hingewiesen. Auch wurde der Stadt das vom Bundesverband Menschen für Tierrechte ausführliche Handbuch für die erfolgreiche und tierschutzgerechte Erstellung und Durchführung eines Taubenschlags vorgelegt (2). Wir erhielten nie eine Antwort. Ebenso wird die Zusammenarbeit mit den freiwilligen Helfern vor Ort abgelehnt.
Das ausgesprochene Fütterungsverbot ist unter den gegebenen Umständen rechtswidrig. Auch darauf haben wir sowohl den Oberbürgermeister als auch den Bürgermeister hingewiesen. Solch ein Verbot macht nur Sinn, wenn ein Taubenschlag oder eine offizielle Fütterungsstelle eingerichtet wurden und die Tiere an diese gewöhnt werden sollen. Städte haben laut dem Ende letzten Jahres veröffentlichten Gutachten der Berliner Tierschutzbeauftragten Fürsorgepflicht gegenüber den Stadttauben (3).
Auch Rechtsanwalt Dr. Eisenhart von Loeper beleuchtet in seiner Ausarbeitung „Effektivität des Tierschutzrechts: Tierschutzrechtskonforme Taubenhäuser, kommunale Fütterungsverbote und Nothilfe für Tiere“ auch die rechtliche Seite der Tierschutzkonformen Taubenhäuser (z. B. Punkt 3: Kommt es durch das das Aushungern-Lassen zugleich zum Hungertod der Tiere, wird die Tötung durch unterlassene Hilfe ohne „vernünftigen Grund“ begangen, strafbar nach § 17 Nr. 1 TierSchG).
Ein generelles Fütterungsverbot ohne Konzept, welches der Fürsorgepflicht der Stadt nachkommt, ist demnach rechtswidrig. Darauf wurde die Stadt Achern mehrfach hingewiesen und nahm keines der Hilfsangebote an. Stadttauben sind laut Gesetz nicht nur die Nachkommen ausgesetzter Haustiere, sondern sie sind auch nicht als Schädlinge definiert. Dementsprechend ist ihrer Tötung ebenfalls rechtswidrig. Auch ein vorsätzliches verhungern lassen ist mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar und löst die Problematik im Gegensatz zu einem Taubenschlag nicht nachhaltig, da Tauben über Jahrhunderte vom Menschen zu leistungsfähigen Brutmaschinen gezüchtet wurden, sodass sie selbst in den kalten Wintermonaten Fortpflanzung betreiben. Dieses unnatürliche Verhalten hat der Mensch erschaffen und es führt zu einer stets hohen Vermehrungsrate, unabhängig vom Futterangebot und anderen Faktoren.
Wir appellieren hiermit nochmals an die Stadt Achern, die Kommunikation mit den örtlichen Tierschützern aufzunehmen und einen Taubenschlag für diese zu erbauen. Das generelle Fütterungsverbot muss aufgehoben werden, da es rechtswidrig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Thielert
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das TierschutzMitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.
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