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Tierschutz und Jagd

Tierschutz und Jagd

Das deutsche Jagdrecht verpflichtet den Jäger, bei der Ausübungs seiner Tätigkeit die "allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten." Unter dem Begriff Weidgerechtigkeit werden ethische und ästhetische Normen und Regeln zusammengefasst, die den Jagdberechtigten unter anderem dazu anhalten, das Tier als Mitgeschöpf zu achten und ihm vermeidbare Leiden zu ersparen. Tatsächlich werden im Jagdrecht jedoch Methoden und Handlungen legitimiert, die tierschutzrechtlichen Vorschriften diametral widersprechen.

Töten ohne Betäubung

Laut Tierschutzgesetz § 4 darf ein Wirbeltier nicht ohne vorherige Betäubung getötet werden. Ausnahmen lässt der Gesetzgeber nur in Einzelfällen zu (z.B. Schächten, Notschlachtungen etc.) zu. Diese Vorschriften gelten jedoch nicht für Tierversuche und für die Jagdausübung, allerdings dürfen auch "hierbei nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen entstehen." Tatsache ist, dass bei der Jagd Tiere regelmäßig in großem Ausmaß nur verletzt werden und unter großer Angst und furchtbaren Qualen sterben.

Der vernünftige Grund

Nach § 1 des Tierschutzgesetzes darf niemand "einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen." Das Töten von frei lebenden Tieren zur Nahrungsbeschaffung oder zur Abwendung von wirtschaftlichen Schäden mag nach allgemeiner Rechtsauffassung derzeit gerade noch als "vernünftig" anzusehen sein. Wenn aber selbst Tiere, die keinen oder nur geringen Schaden verursachen, wie etwa Füchse und Marderartige oder auch Rabenvögel, von Jägerseite lediglich als lästige Beutekonkurrenz "ausgeschaltet" und anschließend in der Mülltonne entsorgt werden, ist darin kein vernünftiger Grund zu erkennen. Auch nicht unter dem Vorwand des Artenschutzes: Der Totalabschuss von Beutegreifern und Rabenvögeln während eines sechsjährigen Feldversuchs im Saarland blieb im Hinblick auf die Feldhasen- und Fasanenpopulationen völlig wirkungslos (REICHHOLF). Genauso wenig lässt sich der Abschuss von Haustieren, Sing- und Zugvögeln oder die Jagd auf gefährdete Tierarten rechtfertigen. Während Naturschützer unter erheblichem Aufwand Artenschutzmaßnahmen durchführen, dürfen JägerInnen Tausende von Rebhühnern und Waldschnepfen sowie Hunderttausende von Feldhasen töten, die nach der Roten Liste Deutschland als "stark gefährdet" bzw. "gefährdet" eingestuft werden. Auch das jagdrechtlich legitimierte Aussetzen von Tieren zur Erweiterung des Beutetierspektrums (respektive zur "Abschießbelustigung" der Jäger) lässt jeden vernünftigen Grund vermissen (WINKELMAYER). Als lebende "Zielscheiben" werden vor allem in Gefangenschaft aufgezogene Fasane, Rebhühner und Hasen ausgesetzt. An Menschen gewöhnt und auf das Leben in Freiheit unvorbereitet, werden die armen Tiere meist zur leichten Beute der Schützen.

Quellen:
REICHHOLF, J. H.: Ist die Einstellung der Jagd im Kanton Basel möglich und sinnvoll? Wildtierökologische Betrachtung. Vortrag am 15.10.2013 an der Universität Basel. http://www.youtube.com/watch?v=vOAufU4lHBQ
WINKELMAYER, R.: Vom Beutemachen zur Empathie. Ein Perspektivenwechsel. Interview. In: TIERethik, 5. Jg. 2013/2


Grausame Jagdmethoden (Hetzen von Tieren, vermeidbare Schmerzen beim Töten)

Besonders grausame, mit dem Tierschutz nicht zu vereinbarende Jagdpraktiken sind hierzulande noch immer vollkommen legal. Dazu gehören beispielsweise die Baujagd auf Füchse, Dachse und Kaninchen, die Beizjagd, die Fallenjagd, sowie die Ausbildung und Prüfung von Jagdhunden an lebenden Tieren (sogenannten „Schliefenfüchsen" sowie flugunfähig gemachten Enten). Auch bei Bewegungsjagden sind tierschutzrelevante Vorfälle an der Tagesordnung.

Baujagd

Hierzu werden kleine, aber "raubwildscharfe" Hunde in den Bau geschickt, um in der Höhle verharrende Jungtiere abzuwürgen und erwachsene Tiere aus dem Bau zu treiben, wo bereits die Jäger auf sie warten. Mutige Tiere, besonders Mütter, die ihre Jungen schützen wollen, setzen sich oft erbittert zur Wehr. Im schlimmsten Fall endet der Kampf für beide Beteiligten tödlich, zumindest aber mit teils schrecklichen Verletzungen. Beim "Frettieren", wie die Baujagd auf Kaninchen genannt wird, werden meist weibliche Frettchen mit Maulkorb in den Kaninchenbau gesetzt. Die Kaninchen flüchten aus dem Bau und werden dann vom Jäger entweder mit Schrotschuss erlegt oder in zuvor angebrachten speziellen Netzen („Sprengnetz") oder Drahtreusen gefangen und getötet.

Quellen:
FROMMHOLD, D.: www.fuechse.info
BOLLIGER, G., GERRITSEN, V., RÜTTIMANN, A.: Die Baujagd unter dem Aspekt des Tierschutz- und Jagdrechts, Stiftung für das Tier im Recht, Zürich, 2010
http://de.wikipedia.org/wiki/Frettchenjagd


Beizjagd

Bei der Beizjagd werden abgerichtete Greifvögel (Falken- und Habichtartige) hauptsächlich auf Kaninchen, Hasen, Krähen, Rebhühner, Fasane und Tauben, seltener auch auf Füchse und Rehe eingesetzt. Während Falken (Bisstöter) ihre Beute mit den Füßen festhalten und durch einen Genickbiss töten, halten und erdolchen Habichtartige (Grifftöter) ihr Opfer mit den Füßen bzw. Krallen. Sofern das gefangene Tier noch lebt, wird es vom Falkner "abgefangen" d.h. mit Hieb- und Stoßwaffen oder Messern getötet. Die Ausbildung der Greifvögel und die Beizjagd selbst funktionieren nur über Nahrungsentzug und Gewichtsreduktion. Die meiste Zeit ihres Lebens verbringen die Vögel angeleint auf dem Pflock oder in kleinen Volieren.

Quellen:
BRÜCHER, H.: Darstellung und Bewertung der Falknerei. Rohrbeck, 2012 http://www.nabuwillich.homepage.t-online.de/Falknerei.html
http://www.greifvogel.com/greifvoegel/grifftoeter/index.htm

Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Tieren

Für die Baujagd werden "Erdhunde" in sogenannten Schliefanlagen ausgebildet, einem Röhrensystem, durch das der abzurichtende Hund den meist jungen und unerfahrenen Fuchs jagt. Die einzelnen Abschnitte der Anlage sind zwar durch Schieber abzutrennen, um die Tötung des Übungsfuchses durch den Jagdhund zu vermeiden. Für den Fuchs bedeutet die wiederholte Konfrontation mit dem verfolgenden Hund dennoch Stress und Todesangst. In der Regel werden die Füchse nach der Saison entweder vom Hund getötet oder aber freigelassen und bei der Flucht vom Jäger mit Schrot erschossen.

Um das Apportieren von angeschossenen Enten zu lernen, werden Jagdhunde an einer lebenden flugunfähig gemachten Übungs-Ente trainiert. Dafür werden ihr Manschetten über die Schwungfedern gestülpt oder einige Schwungfedern ausgerissen. Anschließend wird das hilflose Tier ins Wasser geworfen oder im Gebüsch versteckt. Die Aufgabe des Hundes besteht darin, sie aufzustöbern, zu ergreifen und dem Jäger lebend zu übergeben. In Todesangst versuchen die Enten verzweifelt zu entkommen, eine beabsichtigte Reaktion, um die Tauglichkeit der Hunde bewerten zu können.

Quellen:
FROMMHOLD, D.: www.fuechse. info
http://www.vogelschutz-komitee.com/Entenjagd.pdf


Bewegungsjagden (Jagd auf gezielt mobilisiertes Wild)

Bewegungsjagden gelten als effektive Methode, um in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Tiere zu töten, vor allem "Problemtiere" wie Wildschweine, Rehe und Füchse. Da Blattschüsse auf flüchtende Tiere kaum möglich sind und es darüber hinaus den teilnehmenden (Freizeit)jägern häufig an Schussfertigkeit mangelt, sind bei Drückjagden verschiedenen Quellen zufolge in der Regel nur ca. 25 - 40 Prozent der abgegebenen Schüsse unmittelbar tödliche Treffer. Den übrigen Tieren wird dagegen entweder der Kiefer weggeschossen oder ein Bein zersplittert. Andere werden durch Bauchschuss oder am Rückenmark schwer verletzt.

Das heißt: Zwei Drittel bis drei Viertel der gejagten Tiere erleiden unsägliche Schmerzen und Qualen. Obwohl die Jäger zur Nachsuche verpflichtet sind, werden viele verwundete Tiere nicht gefunden oder die Suche unterbleibt ganz. Die armen Kreaturen verbluten, verdursten oder verhungern jämmerlich. Hierzu der Teilnehmer eines Jägerforums: "Als Nachsuchenführer kotzt mich dieses Verhältnis an. Bei den meisten Schüssen auf Drückjagden werden Äser-, Gebrech- und Keulenschüsse einfach in Kauf genommen. Gerade bei Leuten, welche am Jägerstammtisch vor Weidgerechtigkeit triefen, habe ich die größten Schlumpschützen erlebt. Bei den heute üblichen Bezahljagden in den Forsten erlebt man die übelsten Aasjäger."

Quellen:
TVT (2011) Tierschutz und Bewegungsjagd; Stellungnahme des AK 6; TVT-Nachrichten 2/2011,
DEUTSCHER LANDWIRTSCHAFTSVERLAG (2008) Unsere Jagd, Sonderdruck Neue Wildbrethygiene
Jagdforum24: http://www.jagdforum24.eu/Forum/index.php?page=Thread&threadID=6799

Fallenjagd

Die Fallenjagd wird in erster Linie für die Jagd auf Beutegreifer eingesetzt. Bei der Fangjagd müssen besondere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, dass von den Fallen weder eine Gefahr für Menschen oder Haustiere noch für geschützte Wildtiere ausgeht. Trotzdem kommt es aufgrund unsachgemäßer Handhabung immer wieder vor, dass Haustiere und mitunter sogar Kinder in Fallen geraten. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Totschlagfallen, die im Kopf- oder Brustbereich des Tieres zuschnappen und im "Idealfall" sofort töten, und Lebendfallen, die das Tier unversehrt in Kisten und Drahtkäfigen fangen. Beide Fallenarten verursachen nicht selten extreme Qualen. Trotz gegenteiliger Behauptungen aus Jägerkreisen garantieren Totschlagfallen keineswegs den sofortigen Tod des Tieres, sondern verursachen nicht selten lediglich schwerste Verletzungen. Mit gebrochenen oder abgetrennten Gliedmaßen durchleiden die unglücklichen Opfer ein stunden- oder gar tagelanges Martyrium oder ersticken langsam und qualvoll. In Lebendfallen geraten die gefangenen Tiere in Panik und verletzen sich bei ihrem verzweifelten Versuch zu entkommen häufig selbst. Nicht wenige sterben in Todesangst an Herzversagen oder verhungern und verdursten, weil die Fallen nicht regelmäßig kontrolliert werden.

NABU Schleswig-Holstein: Der qualvolle Tod im Eisen. http://schleswig-holstein.nabu.de/naturvorort/raubsaeuger/fallenjagd/ (abgerufen 4.4.2014)


Schrotschüsse

Schrotmunition hat eine große Streuwirkung, weshalb sie aufgrund der größeren Trefferwahrscheinlichkeit vor allem zur Jagd auf kleine bewegliche Wildtiere (Niederwild wie Hasen und Fasane) sowie zur Vogeljagd eingesetzt wird. Dabei werden Schätzungen zufolge bis zu 30 Prozent der Tiere nicht sofort getötet, sondern nur krankgeschossen und sterben einen langen qualvollen Tod. Das gilt insbesondere für Schüsse auf Vogelgruppen, wo viele Vögel durch "Randschrote" getroffen und lediglich verletzt werden. Wird Bleischrot verwendet, sterben die Tiere besonders langsam an der schleichenden Schwermetallvergiftung, die ein-hergeht mit zentralnervösen Bewegungsstörungen, reduzierter Nahrungsaufnahme, und Pilzinfektionen bis hin zum kompletten Zusammenbruch des Immunsystems.

Quellen:
Komitee gegen den Vogelmord: Schrot - und Bleiproblematik, http://www.komitee.de/content/aktionen-und-projekte/deutschland/jagd-deutschland/schrot-und-blei (abgerufen am 20.01.2014)
DTB: Die Jagd, http://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Broschueren/Die_Jagd.pdf


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