Stellungnahme zu den Anträgen für mehr „Tierwohl“ im Fleischsektor vom Land Baden-Württemberg im Bundesrat
Stellungnahme zu den Anträgen für mehr „Tierwohl“ im Fleischsektor vom Land Baden-Württemberg im Bundesrat
Stellungnahme zu den Anträgen für mehr „Tierwohl“ im Fleischsektor vom Land Baden-Württemberg im Bundesrat
Anträge für mehr „Tierwohl“ im Fleischsektor vom Land Baden-Württemberg im Bundesrat eingereicht – Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg sieht die Lösung nicht in einer „Verschönerung“ des Tötungsprozesses
Am 12.02.2021 brachte Baden-Württemberg zwei Gesetzesanträge zum Thema Tierwohl im Fleischsektor im Bundesrat ein. Im ersten Antrag geht es um eine erhöhte Überprüfung der Betäubungsanlagen als auch deren Zulassung für den Markt. Als Reaktion auf die Schlachthofskandale in Baden-Württemberg wurde ein Monitoring durchgeführt, bei welchem man feststellte, dass 1/3 der Betäubungsanlagen nicht korrekt funktionierten. Dieser Gesetzesantrag scheint die Reaktion auf diese Ergebnisse darzustellen.
Der zweite Antrag sieht eine Festlegung eines Mindestpreises für Fleisch vor, um so die ebenfalls massiven Tierschutzverstöße der vergangenen Zeit zu bekämpfen. Dort, wo mehr Geld zur Verfügung steht, könne qualitativ hochwertiger gearbeitet werden und so mehr Tierwohl garantiert werden.
„Das Problem liegt nicht darin, dass zu wenig für Fleisch bezahlt wird, um die Tiere besser zu behandeln“, so Julia Thielert von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg. „Schauen wir uns zum Beispiel den Schlachthofskandal von Biberach an. Das ist ein kleiner Schlachthof. Das Fleisch wurde vom Geschäftsführer Michael Koch in seiner eigenen Metzgerei verhältnismäßig hochpreisig verkauft. Hier haben wir also die kleinen regionalen Strukturen, die erhöhten Preise und finden das gleiche Ausmaß an Tierquälerei.“ (1)
Dennoch befürwortet Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg als kurzfristigen Lösungsansatz Verbesserungen in der Haltung und letztlich auch bei der Tötung der Tiere. Gerade nicht korrekt funktionierende Betäubungsanlagen können, wie auch in den Aufnahmen der Schlachthofskandale zu sehen war, zu erheblichem Tierleid und einem langen Todeskampf führen. Im Gesetzesantrag heißt es auf Seite fünf: „Fleisch zählt seit jeher zu den Grundnahrungsmitteln der Menschen und liefert wertvolles Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe, insbesondere Eisen.“ Mit dieser Aussage wird versucht, den Prozess des Tötens, der letztlich niemals human oder schön sein kann, zu rechtfertigen. Ist es eine moralische Rechtfertigung, dass man etwas schon immer so gemacht hat? Würden wir grundsätzlich so argumentieren, hätten wir heute noch Sklaverei und Frauen dürften nicht wählen oder arbeiten. Sollte es nicht eigentlich Ziel einer sich stetig entwickelnden Gesellschaft sein, auch seine moralischen Werte regelmäßig zu hinterfragen? Denn kein Tier geht freiwillig in den Tod. Immer wieder gibt es Geschichten von Tieren, die aus dem Schlachthof fliehen. Sie überqueren Bahngleise, Felder und Flüsse und werden am Ende doch eigentlich immer erschossen (2). Für viele von ihnen war es das einzige Mal, dass sie die Welt außerhalb eines Stalles gesehen haben. Ja, mehr Tierwohl ist immer besser als weniger Tierwohl. Letztendlich stirbt aber auch mit der besseren Betäubungsanlage und dem geschulteren Personal ein Tier gegen seinen Willen, das nicht hätte sterben müssen. Und letztlich wird dies immer durch Form von Gewalteinwirkung wie einem Messerstich passieren. Und genau hier liegt auch das Problem, wieso die Tierquälerei auch im Hochpreissektor wie „bio“ oder „regional“ ständig vorkommt. Ein Mensch, der seinen Unterhalt damit verdient, Stunden am Tag einem lebenden und fühlenden Wesen ein Messer in den Leib zu rammen, muss zwangsweise abstumpfen. Die erhöhten Raten an Depressionen und Selbstmord in diesem Berufszweig sind bekannt.
Am Ende profitiert niemand von dem ewigen Versuch, das Töten irgendwie human erscheinen zu lassen. Die Regierung sollte Gelder lieber in eine gezielte Umstellung auf bio-vegane Landwirtschaft investieren. Landwirte sollten Beratungen und Subventionen erhalten. Außerdem sollte man in die Bildung der Bevölkerung investieren. Das Wachstum der pflanzlichen Ernährungsweise wird von der Regierung bisher nicht unterstützt. Stattdessen werden Bilder fernab jeder Realität auf Tierprodukte im Supermarkt gedruckt und den Menschen immer wieder vorgegaukelt, wir bräuchten für eine gesunde Ernährung Tierprodukte. Verarbeitetes und rotes Fleisch wurden von der WHO als Karzinogen der Klasse eins definiert (3). Die American Dietetic Association, als auch die British Dietetic Association, die größten Verbände aus Experten für Ernährung und Diät in beiden Ländern, haben erklärt, dass eine pflanzliche (vegane) Ernährung sicher und geeignet für alle Lebensabschnitte ist, einschließlich Schwangerschaft. Das bedeutet, wir können offiziell alle Nährstoffe aufnehmen, ohne dass wir Tiere oder ihre Sekrete essen müssen. Die Oxford University veröffentlichte 2016 eine große Studie und kam zu dem Ergebnis: „Plant-based diets could save millions of lives and dramatically cut greenhouse gas emissions“ (4). Und dies sind nur einige Beispiele. Die Liste der Veröffentlichungen von renommierten Universitäten und Ernährungsgesellschaften ist lang.
Auf Seite sechs wird im Gesetzesantrag über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 % diskutiert. Aktuell sind tierische Produkte mit nur sieben Prozent besteuert, während pflanzliche Lebensmittel mit 19 % Mehrwertsteuer belastet werden. Auch hier zeigt sich eine deutliche Beeinflussung der Bevölkerung, das Interesse auf Preisbasis zum Tierprodukt zu lenken. Als erneut gravierend einzuordnen, wird dann wieder folgende Aussage getroffen: „Außerdem könnte eine Fleischsteuer fälschlicherweise analog zur Zigaretten- und Alkoholsteuer bzw. mit der in Diskussion befindlichen Zuckersteuer mit negativen Gesundheitseffekten assoziiert werden. Dabei leistet Fleisch mit seinem wertvollen Gehalt an tierischem Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen einen wichtigen Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung des Menschen.“ Diese vollkommen unkritische Einordnung von Tierprodukten für eine gesunde Ernährung ist äußerst verstörend. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist übergewichtig, wir haben in der westlichen Ernährung eher ein Problem mit einer Überversorgung an Eiweiß, als das man sich um einen Mangel sorgen müsste. Dänemark hat reagiert und die Empfehlung des Fleischverzehrs pro Woche von 500 g auf 350 g reduziert. Außerdem wird empfohlen, 100 g Hülsenfrüchte täglich zu essen, welche eine pflanzliche Eiweißquelle darstellen (5). Die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung liegt bei maximal 600 Gramm Fleisch pro Woche, also im Jahr 31 Kilogramm pro Mensch. Der Durchschnittsdeutsche isst aber etwa doppelt so viel Fleisch, im Jahr 2019 waren es 59,5 Kilogramm (6). Die Folgen sind ein stetiger Anstieg an Krankheiten wie Übergewicht, Herzkreislauferkrankungen und Diabetes.
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg begrüßt zwar kurzfristig jede Maßnahme, die das Leid der Tiere verringert. Dennoch sind wir enttäuscht, wie wenig Wissenschaftlichkeit im vorliegenden Antrag zu finden ist und dass in keiner Weise versucht wird, die Förderung der pflanzlichen Lebensweise in die Lösungsstrategie einzubauen. Dabei ist dies unerlässlich für das Wohl der Tiere, das Klima und unsere Gesundheit.
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das TierschutzMitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.
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