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Puten-Eckpunktepapier

Puten-Eckpunktepapier – Nach VGH-Urteil: Eckwerte können nicht zur Konkretisierung von § 2 TierSchG herangezogen werden

Da die SPD und FDP bei der Debatte um das Puten-Eckpunktepapier unser bereits erzieltes Urteil vollkommen unbeachtet lassen, haben wir diese Woche den agrarpolitischen sowie juristischen Sprecher*innen der SPD und FDP geschrieben, sowie den gesamten weiteren 32 Mitgliedern des Agrarausschusses und auf das Urteil aufmerksam gemacht. Es ist ein Skandal, was FDP und SPD hier gemeinsam für eine Tierquälerei gesetzlich etablieren wollen!


Unser Brief:

Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft,


ich schreibe Ihnen im Namen von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V., einem gemeinnützigen Verein, der sich bereits seit 1983 erfolgreich für die Rechte der Tiere einsetzt.

Die Tierschutznutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV) enthält keine Regelungen zur Putenhaltung. Das soll sich ändern. Im Dezember 2022 veröffentlichte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Eckpunktepapier für Mindestanforderungen in der Haltung zur Mast von Puten. Dieses diente als Grundlage für die Überarbeitung der TierSchNutztV. Die Industrie schlug sofort Alarm, vor allem wegen der Reduzierung der Besatzdichte. Doch die Bundesregierung hält an ihrem Vorhaben fest, Mindestanforderungen an das Halten von Puten in der Mast zu erlassen. Die Neuregelungen sollen in der zweiten Jahreshälfte 2024 beschlossen werden.

Die einzig aktuell zur Putenhaltung existierenden Vorgaben stellen eine freiwillige Vereinbarung – und damit keine gesetzliche Regelung – dar, die vom Verband Deutscher Putenerzeuger (VDP) initiiert und u.a. von Putenzüchtern und Bauernverbänden erstellt wurde. In diesen Eckwerten fehlt eine Auseinandersetzung mit den Ansprüchen von Puten. Die empfohlenen Eckwerte werden nicht begründet.

Nun bekommt die Industrie Unterstützung aus der Politik. Konkret fordern FDP und SPD, dass die erlaubten Besatzdichten aus der freiwilligen Vereinbarung vom VDP für die TierSchNutztV übernommen werden (Bundesrat vsl. 5.7.). Dabei hat durch die Klage von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg der Verwaltungsgerichtshof Mannheim klar geurteilt, dass die Bundeseinheitlichen Puteneckwerte nicht geeignet sind, § 2 TierSchG näher auszulegen.

Im Fazit würde das Anliegen von FDP und SPD bedeuten, dass per Gerichtsurteil vom 7. März 2024 als ungeeignet erklärte Werte in ein Gesetz übernommen und so legitimiert werden würden. Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg fordert daher eine Beachtung des bereits erzielten Urteils vor dem VGH Mannheim, womit die Übernahme der Industriewerte in die TierSchNutztV erledigt sein sollte.

Sollte Ihnen das Urteil nicht geläufig sein, können Sie es hier einsehen: https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001570822

 
Mit freundlichen Grüßen

Julia Thielert

 

M.Sc. Animal Welfare Science

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.

 

 

Antwort von Max Straubinger (CDU/CSU):

 

Sehr geehrte Frau Thielert,

vielen Dank für ihre Zuschrift.
Ich werde ausdrücklich den Beschluss die Haltung von SPD und FDP in dieser Frage  unterstützen da diese sachgerecht ist. Ihre übertriebenen Anforderungen bewirken keinen Tierschutz, sondern verlagern nur die Tierhaltung ins benachbarte Ausland. Das hilft weder dem Tierschutz noch den tierhaltenden Betrieben in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

Max Straubinger MdB

 

 

Unsere Antwort an Max Straubinger:

 

Sehr geehrter Herr Straubinger,

vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Mich würde ausdrücklich interessieren, worauf Sie Ihr Fazit basieren, dass die Ausführungen der SPD und FDP ,,sachgerecht" sind und unsere Anforderungen ,,übertrieben". Schließlich basieren unsere Anforderungen auf dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim und dieses wurde nach Anhörung eines vom Gericht geladenen Gutachters gefällt. Wir haben den Link zu den umfänglichen Ausführungen und Begründungen mitgesendet.

Worauf basiert Ihre Einschätzung? Gibt es Studien, die belegen, dass es übertrieben ist, was das Gericht festgestellt hat? Diese würde ich gerne lesen. Oder basiert Ihr Urteil auf der persönlichen Einschätzung eines Versicherungsfachmannes?

Zu dem beliebten Stillstandargument Ausland:

Ich nehme an, dass Sie sich mit Ihrer Einstellung stark für ein Ende der Exporte von landwirtschaftlich genutzten Tieren einsetzen. Ich finde es toll, dass Sie so besorgt um das Wohlergehen der Tiere im Ausland sind. Deutschland exportierte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2022 über 267 Millionen Rinder, Schweine, Hühner und andere landwirtschaftlich genutzte Tiere in EU- und Nicht-EU-Länder. Selbst Transporte in Drittländer sind auch im neuen Tierschutsgesetzentwurf nicht verboten.

Es wird immer suggeriert, dass wir das Fleisch all der in Deutschland gehaltenen Tiere zum Konsum benötigen würden, um die Nachfrage hier zu stillen. Dabei exportierte Deutschland 2022 knapp 2,9 Mio. t Fleisch und Fleischwaren. Die Menge des ausgeführten Geflügelfleisches lag bei knapp 481.500 t. Nach Polen ist Deutschland der zweitgrößte Putenfleischproduzent innerhalb der EU. Es ist also nicht wahr, wenn wir so tun, als müssten wir Fleisch aus dem Ausland importieren, wenn wir hier die Tiere besser halten und weniger töten würden. In Wahrheit ist es so, dass der Export von Tieren und Fleisch ein riesieges Geschäft ist und weit über den Eigenbedarf hinaus Tiere gezüchtet und für ihr Fleisch getötet werden. Auch deshalb wird Deutschland gerne als das Schlachthaus Europas bezeichnet.

‍Mit freundlichen Grüßen

Julia Thielert

M.Sc. Animal Welfare Science

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.

 

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