Corona-Pandemie als Wendepunkt für tierfreie Forschung
Weltweit wird nach einem wirksamen Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gesucht. Es kommt einem Wettlauf gegen die Zeit gleich. Experimente an Tieren sind jedoch langwierig.
Zum „Internationalen Tag zur Abschaffung von Tierversuchen“ am 24. April kommentiert Stephanie Kowalski, Tierärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.:
„Argumente gegen Tierversuche gibt es zahlreiche. Bei kaum einem Argument dürften sich Gegner und Befürworter so einig sein wie dem Faktor Zeit. Denn Versuche an Tieren sind zeitintensiv. Zeit, die in einer Situation, wie wir sie aktuell haben, kostbar ist. Alleine die Suche nach der „richtigen Tierspezies“ für den anschließenden Tierversuch ist langwierig. Während in Deutschland an Hühnern, Frettchen, Schweinen und Nilflughunden experimentiert wird, entschieden die National Institutes of Health, eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums, neue Impfstoffe gegen Covid-19 nach ausführlichen In-vitro-Testungen direkt an menschlichen Probanden zu testen. Nicht, wie sonst üblich, zuvor an Tieren[1].
Im Gegensatz zu Tierversuchen weisen In-vitro-Tests den Vorteil einer besseren Reproduzierbarkeit auf.
Werden im ersten Schritt Versuche an Tieren durchgeführt, bieten die Ergebnisse häufig lediglich eine Scheinsicherheit. In vielen Forschungsbereichen liegt die Übertragbarkeit der Testergebnisse aus Tierversuchen auf den Menschen bei gerade mal 0 - 5 Prozent [2]. Die tatsächliche Übertragbarkeit muss in einem nächsten Schritt an menschlichen Probanden getestet werden.
Als „bewährtes“ Tiermodell für menschliche Lungeninfektionskrankheiten werden Frettchen benutzt. Schaut man sich die Erfolgsquote der Medikamentenentwicklung im Bereich der Atemwegserkrankungen an, liegt diese jedoch bei lediglich 13 Prozent [3]. Veröffentlicht werden am Ende nur die Versuche, die wirklich zum Erfolg geführt haben. Die unzähligen vorangegangenen Experimente, die gescheitert sind und denen tausende Tiere zum Opfer fielen, bleiben unerwähnt.
Die Corona-Pandemie zeigt uns erneut deutlich die Schwachstellen der tierexperimentellen Forschung auf und bietet gleichzeitig die Chance, sich tierfreien Methoden zuzuwenden, um effizienteren medizinischen Fortschritt zu ermöglichen. Mit der Kampagne „Ausstieg aus dem Tierversuch. Jetzt!“ setzen wir uns zusammen mit anderen Tierschutzinitiativen für einen wissenschaftlich durchdachten Ausstiegsplan ein. Die Niederlande haben es bereits vorgemacht.
Im Vorfeld zum „Internationalen Tag zur Abschaffung von Tierversuchen“ hat der Tierrechtsverein in den sozialen Medien zu einer Online Silent-Line aufgerufen. Unter dem Hashtag #tierversucheohnemich haben viele Menschen ihre Argumente gegen die Durchführung von Tierversuchen geteilt.
[1] Roberts M. Coronavirus: US volunteers test first vaccine. BBC News. Aufgerufen am 21.4.2020
[2] Joffe et al, 2016, Cimons et al, 1998; Freedman, Cockburn and Simcoe, 2015; Harthorne and Schachner, 2012
[3] Clinical Development Success Rates 2006-2015. BIO, Biomedtracker, Amplion. PDF aufgerufen am 21.4.2020
Weitere Informationen
Video zur Online Silent-Line und Fotogalerie
Kritik am Tierversuch
Ausstieg aus dem Tierversuch
Kontakt
Stephanie Kowalski , +49 152-272 091 68, kowalski(at)tierrechte-bw.de