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Ponykarussell auf der Mannheimer Maimess

Ponykarussell auf der Mannheimer Maimess

 

Sehr geehrter Christian Hübel,

ich schreibe Ihnen im Namen von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V., einem gemeinnützigen Verein, der sich bereits seit 1983 erfolgreich für die Rechte der Tiere einsetzt. Unserem Verein wurden Bilder von enttäuschten Bürger*innen zugesendet, welche wieder ein Ponykarussell auf der Mannheimer Maimess vorfanden. Auch wir finden es enttäuschend, dass der Beschluss des Hauptausschusses des Mannheimer Gemeinderates aus der Sitzung im Dezember 2022, das Ponyreiten auf kommunalen Flächen ab 2024 zu untersagen, nicht umgesetzt wurde. Im Dezember 2022 hatte der Mannheimer Gemeinderat in seiner Sitzung mehrheitlich dem Antrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, Die Partei und der Tierschutzpartei zugestimmt, ab 2024 keine „Ponykarussells“ mehr auf kommunalen Flächen zuzulassen. Nun soll es rechtliche Bedenken geben, ob dieser Beschluss durchgesetzt werden kann. Es gibt aber zahlreiche Städte in Deutschland, die einen identischen politischen Beschluss bereits umgesetzt haben. So zum Beispiel München, Düsseldorf, Mainz, Konstanz, Duisburg, Coburg, Dachau, Zwickau und Ludwigshafen.

Pferde sind Lauftiere, in der Natur bewegen sie sich den ganzen Tag bis auf wenige Stunden, während dieser sie fressen. Diese Bewegung geschieht in einem langsamen Tempo. So mag es auf den ersten Blick vielleicht aussehen, als ob das Kinderreiten besser geeignet ist als der typische Pferdesport. Jedoch muss man sich hier die vollkommen ungeeignete Umgebung vor Augen führen. Es ist laut und unruhig, das passt überhaupt nicht zu den natürlichen Bedürfnissen dieser Fluchttiere. Die Bewegung auf engem Raum im Kreis über Stunden hat nichts mit dem natürlichen Laufverhalten zutun, sondern entspricht eher einer Stereotype. Pferde sind sehr neugierig und erkunden normalerweise große Gebiete. Ponykarussells sind daher psychisch als belastend anzusehen. Auch die ständig wechselnden Kinder, die von Natur aus unruhiger als Erwachsene sind, sind ein weiterer Stressfaktor. Meist muten die Pferde in Ponykarussells daher traurig und abwesend an und haben nichts mit den lebhaften Wildpferden gemein. Sie ergeben sich in ihr Schicksal. Auf Dauer führt die kreisende Bewegung zu Schäden am Bewegungsapparat.

Ein anderer Punkt ist die pädagogische Wirkung von Ponykarussells. Noch nie war unser Umgang mit Tieren so infrage und im Wandel wie in der heutigen Zeit. Das basiert auf den neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir stetig über die Gefühlswelt von Tieren gewinnen. Das Bild, welches Kinder von Pferden in Ponykarussells erhalten, hat nichts mit der Natur dieser Tiere zutun. Zudem wird hier sehr deutlich menschliche Macht über andere fühlende Lebewesen demonstriert, indem man diesen über Stunden jegliche natürliche Bedürfnisse entzieht und sie für seine Zwecke ausnutzt. Das hat nichts mit dem heute angestrebten Einklang von Mensch, Tier und Natur zutun. Es vermittelt keinen Respekt vor anderem Leben und falsches Wissen. 

Wir möchten Sie daher bitten, dem guten Ansatz des Beschlusses genauso wie viele andere Städte zu folgen. Ponykarussells sind nicht mehr zeitgemäß und schaden Tieren und Kindern. 

 

 

Antwort von Thorsten Riehle (Bürgermeister):

Folgende Einschätzung des Rechtsamtes der Stadt Mannheim liegt der Entscheidung zugrunde, weshalb bislang das Verbot nicht umgesetzt wurde: Nach rechtlicher Prüfung sind die in den Anträgen genannten Veranstaltungen nach Titel IV der Gewerbeordnung (GewO) behördlich festgesetzt und unterliegen damit hinsichtlich der Teilnahmeberechtigung und der Entscheidung über die jeweiligen Zulassungen den dort geregelten gesetzlichen Bestimmungen. Einschlägig sind dabei insbesondere § 70 Abs. 1 und 2 GewO. In Abs. 1 ist ein grundsätzliches Teilnahmerecht für alle Bewerber fixiert. Ablehnungen sind nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen zulässig und für jeden Einzelfall entsprechend zu begründen. Abs. 2 regelt den Ausschluss ganzer Teilnehmergruppen (z.B. hier alle Betreiber von Reitbahnen). Dies ist nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung des Veranstaltungszwecks erforderlich ist und dadurch keine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gruppen ohne sachliche Rechtfertigung erfolgt. Bei Vorliegen von öffentlich-rechtlichen Teilnahmebestimmungen könnte dieser Ausschluss nach Abs. 2 durch eine Satzung der Stadt Mannheim geregelt werden. Eine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von Betreibern von Reitbahnen im Sinne des Gewerberechts liegt allerdings hier nicht vor. Für die Beschränkung des Teilnehmerkreises müssen wirtschaftliche Gründe sprechen (vgl. Landmann/Rohmer GewO/Schönleiter/Heß GewO § 70 Rn. 8). Dem Ausschluss von Ponyreiten würden aber keine wirtschaftlichen Gründe zugrunde liegen. Ein Ausschluss nach § 70 Abs. 2 GewO ist daher rechtlich nicht möglich.

Auch aus dem Bereich des Tierschutzrechts gibt es keine Rechtsgrundlage für ein Verbot des Ponyreitens. Es gibt derzeit keine gesetzlichen Generalverbote von Reitbahnen, sondern vielmehr nur konkrete Vorgaben, wie Tiere zu halten und zu behandeln sind. Überprüfungen im Einzelfall brachten im Hinblick auf Verstöße gegen tierschutzrechtliche Bestimmungen bei den Mannheimer Veranstaltungen bisher keine Erkenntnisse, die solche gravierenden Maßnahmen wie den Ausschluss aller Reitbahnen rechtfertigen könnten. Ein solcher Ausschluss würde deshalb auch aus diesem Grund nicht den Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 GewO genügen.

Das Veterinäramt des Fachbereichs Sicherheit und Ordnung setzt auf eine konsequente und engmaschige Kontrolle der tierschutzrechtlichen Standards durch unsere Amtstierärzte. Unter den Betreibern ist dies durchaus bekannt, weshalb bei Kontrollen im Regelfall keine gravierende Verstöße festgestellt werden.

In der Debatte im Hauptausschuss letzten Jahres kam zudem der Hinweis des inzwischen ehemaligen Oberbürgermeisters Dr. Peter Kurz, dass die Frage sei, wer zu entscheiden habe, dass ein solches Angebot in Deutschland nicht mehr stattfinde. Diese Entscheidung liege bei dem Gesetzgeber und dieser habe keinen Rahmen vorgegeben in der Typologie, in der die Antragsteller der Ansicht seien, dies festlegen zu können. Rechtlich sehe man als Verwaltung die Umsetzung auf lokaler Ebene problematisch. Hier müsse die Signalsetzung in Richtung des Bundesgesetzgebers gehen.

Erlauben Sie mir zum Ende noch eine persönliche Bemerkung:

Ich selbst habe in meiner vorherigen Funktion als Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion diesen Antrag eingebracht und bin der Meinung, dass das Ponyreiten nicht mehr angeboten werden sollte.

Deshalb ist es mir wichtig, sich nochmal das Vorgehen der anderen Städte anzuschauen, evtl. gibt es ja zwischenzeitlich auch Klagen mit einer entsprechenden gerichtlichen Klärung, die man als Grundlage nehmen könnte.

Falls Sie hierzu Hinweise haben, können Sie mir diese gerne zukommen lassen.

 

 

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