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Offener Brief Initiative „Stallbrände“

2023-03-20 13:28
Schaubild zu Bränden und getöteten Tieren in Deutschland
Großansicht durch Mausklick auf das Schaubild

Stefan Stein für die Initiative „Stallbrände“  
https://www.facebook.com/stallbraende/ 

15. März 2023

Agrarministerkonferenz 22. bis 24. März 2023 
„Schlussfolgerungen aus und Handlungsbedarf aufgrund von Brandvorfällen in großen Tierhaltungsanlagen“  


Sehr geehrter Herr Bundesminister, 
sehr geehrte Ministerinnen und Minister, 
sehr geehrte Senatorinnen und Senator, 
sehr geehrte Damen und Herren, 

seit 2018 setzen Sie sich in der Agrarministerkonferenz mit diesem Thema auseinander. 

Auf den Tagesordnungen Ihrer Zusammenkünfte findet sich der TOP jedoch nicht regelmäßig. Im Januar 2023 bei der ACK sollte eigentlich nach dem Beschluss der AMK im September 2022 ein Bericht des BMEL vorgelegt werden. Auf der Tagesordnung in Berlin stand das Thema jedoch - wieder einmal - nicht. 

Im Jahr 2022 gab es 3.099 Brandereignisse, Havarien und Schadensfälle in der Landwirtschaft.  Nach den öffentlich bekannt gemachten Informationen waren dabei in mindestens knapp 20 % aller Fälle tierhaltende Betriebe betroffen. 

Insgesamt kamen wenigstens ca. 90.000 Tiere zu Tode.  

412 Menschen wurden verletzt oder getötet. 

Sachschäden – über die nur in 40 % der Fälle berichtet wurde – betrugen mindestens 242 Mio. EURO. 

Im Durchschnitt lag der Sachschaden bei etwa 200.000,- EURO je Brandfall. 

Seit 2018 sind nach unseren Erhebungen knapp 500.000 Tiere durch Brände, Havarien und technische Störungen ums Leben gekommen. 

Auch im laufenden Jahr sind bei bislang nahezu schon 300 Bränden, davon 1/3 Tierhaltungsbetriebe, bereits fast 6.000 Tiere gestorben und über 50 Menschen geschädigt worden. Die durchschnittliche Schadenssumme je Brandereignis beträgt bislang ca. 220.000,- EURO. 

Sie werden unschwer erkennen: Das „Problem“ mit qualvoll erstickenden und verbrennenden Tieren erledigt sich nicht von alleine. Im Gegenteil: Man muss davon ausgehen, dass durch heiße trockene Sommer und ebenso durch eine weitere Konzentration der Tierhaltung auf Großbetriebe dieses Thema weiter an Bedeutung gewinnen wird.  

Dem Brandschutz ist daher so schnell wie möglich konsequent auf Bundes-, Länder- und regionaler Ebene Beachtung zu schenken. Ihrerseits müssen nunmehr Beschlüsse gefasst werden, die zu einer merklichen Verbesserung des vorbeugenden baulichen Brandschutzes, der Möglichkeit effektiver Tierrettung sowie einer rechtzeitigen Branderkennung und Alarmierung der Rettungskräfte beitragen.  

Nach Studium mehrerer tausend Pressemitteilungen und Berichte von Feuerwehr, Polizei oder THW sowie Medienberichten über Brandereignisse der letzten Jahre ist zu konstatieren, dass folgende Schwerpunkte auch ohne offizielle Statistiken offensichtlich sind: 

- In wenigstens 20 % aller Berichte über Brände wird darauf hingewiesen, dass die Gebäude

bei Eintreffen der Feuerwehr bereits in Vollbrand stehen. Ein Indiz dafür, dass der bauliche Brandschutz völlig unzureichend ist. Wenn Brände bereits innerhalb der Hilfsfristen (8 bis 15 Minuten) soweit fortschreiten können, dass Gebäude in Vollbrand stehen, deutet darauf einiges hin. In diesen Fällen ist an eine Tierrettung nicht mehr zu denken. Gebäude können nur noch von Atemschutzträgern betreten werden und auch nur dann, wenn nicht die Gefahr des Einsturzes besteht.

- Ebenfalls als skandalös ist es zu bezeichnen, wenn von Feuerwehren darauf hingewiesen wird, dass die Löschwasserversorgung vor Ort unzureichend ist. Dies ist bei mindestens 10 % aller Brände der Fall. Zum Teil muss die Löschwasserversorgung zunächst über Strecken von über 1 km sichergestellt werden. Auch hier ein deutlicher Fingerzeig auf eine unzureichende Planung der Tierhaltungsbetriebe und grobe Fehleinschätzungen der Behörden im Genehmigungsverfahren.

Eine Tierrettung von größeren Tierbeständen, insbesondere von Geflügel und Schweinen, ist nahezu unmöglich. In Einzelfällen können bei günstigsten Bedingungen evtl. noch Teile des Bestandes evakuiert werden. Dagegen erscheint die Rettung kleinerer Tierbestände durchaus möglich, wenn die Rahmenbedingungen von vorbeugendem Brandschutz, geeigneten Evakuierungsmöglichkeiten und ausreichend qualifiziertem Personal vorhanden sind sowie die Durchführung sofortiger Rettungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, weiteres Zaudern und Hinauszögern bei der Umsetzung von Maßnahmen - insbesondere, wenn der von der Bundesregierung beabsichtigte Umbau der Ställe bereits angelaufen ist - werden dazu führen, dass sich der Status Quo auf absehbare Zeit nicht verändern wird.  

Gehen Sie daher das Problem zügig und konsequent an. Werden Sie aktiv und verschieben Sie fällige Entscheidungen nicht im „Sumpf“ von Zuständigkeiten auf die Zukunft. 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 
Mit freundlichen Grüßen 

Für das „Stallbrände“-Team 

Stefan Stein 

 

Mitzeichnende Organisationen und Einzelpersonen: 

Achtung für Tiere e.V. 

Tierschutzstiftung Lebenshof – Achtung für Tiere 

Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung 

Arbeitsgemeinschaft Tier & Mensch 

Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e.V. 

Berliner Landestierschutzbeauftragte, Dr. Kathrin Herrmann 

Bundesverband Tierschutz e.V. 

Bündnis MUT Mensch Umwelt Tier im Oldenburger Land 

Bürgerinitiative LAHSTEDT-ILSEDE für TIER, MENSCH und UMWELT 

Bürger*innenbündnis X Orga – vereint für Tierrechte 

Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. 

Dr. Norbert Alzmann, Bioethiker 

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. 

PETA Deutschland e.V. 

Politischer Arbeitskreis Tierrechte in Europa (PAKT) e. V. 

Pro Animale für Tiere in Not e.V. 

Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e.V. 

Verein für Tierrechte e.V. 

VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz  

Welttierschutzgesellschaft e.V. 

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© Tierrechte Baden-Württemberg

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