Neues Jagdgesetz in Niedersachsen weicht Tierschutznormen in Deutschland weiter auf
Neues Jagdgesetz in Niedersachsen weicht Tierschutznormen in Deutschland weiter auf
2022-02-04 15:56
Niedersachsen fällt immer wieder als Vorreiter auf, wenn es darum geht, die bereits wenigen Rechte der Wildtiere weiter einzuschränken. Die rot-schwarze Landesregierung plant vor der in diesem Jahr anstehenden Landtagswahl noch ein Geschenk an die Jägerschaft: Nachtzielgeräte sollen erlaubt, der „versehentliche“ Fang nicht jagdbarer Tiere straffrei gestellt und der Elterntierschutz weiter aufgeweicht werden.
Mit der Novellierung des Niedersächsischen Jagdgesetzes werden entgegen der Behauptung der Landesregierung Belange des Tier- und Naturschutzes mit Füßen getreten. Schon die bestehenden Ausnahmen vom Nachjagdverbot können zu erheblichen Störungen sowohl von jagdbaren Wildtieren als auch von Individuen der streng geschützten Arten führen. Nun soll Niedersachsen das erste Bundesland werden, in dem nicht nur Wildschweinen, sondern auch Füchsen, Dachsen und anderen Beutegreifern rund um die Uhr mit Nachtsicht- und Nachtzielgeräten nachgestellt werden darf. Solche Änderungen werden dann auch schnell Vorbild für weitere Bundesländer. In Baden-Württemberg war es eine der ersten Amtshandlungen von Peter Hauk (Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz), die Schonzeiten für viele Wildtierarten zu verkürzen.
Die nun geplanten Änderungen in Niedersachsen bedeuten weiteren Terror für die Wildtiere. Die ursprüngliche Zielsetzung des Nachtjagdverbots, wenigstens den grundsätzlich tagaktiven Tierarten wie den Rehen, den Hirschen und dem sogenannten Federwild eine störungsfreie Nachtruhe zu ermöglichen, wird ad absurdum geführt. Und das wohlbemerkt, ohne im Hinblick auf die Reduzierung der Bestände von Wildschweinen, Waschbären oder Marderhunden nachweislich zielführend zu sein. Deutschland hat bereits die längsten Jagdzeiten für Schalenwild in ganz Europa.
Geht es nach der aktuellen Jagdnovelle, sollen die für die Aufzucht von Jungtieren erforderlichen Elterntiere außerhalb der von Behörden definierten Setz- und Brutzeiten straffrei getötet werden dürfen, wenn sie für den Jagdausübungsberechtigten nicht „erkennbar für die Aufzucht von Jungtieren notwendig“ sind. Da jedoch die tatsächliche Setzzeit etwa bei Füchsen wohl weit über die Zeitspanne hinausgeht, die von zuständigen Behörden festgelegt wird, legalisiert die neue Regelung letztendlich Verstöße gegen den gesetzlich verankerten Elterntierschutz. Genauso wie es schon die Verkürzungen der Schonzeiten von Hauk (CDU) im letzten Jahr taten.
Die neuen Regelungen zu der ohnehin höchst umstrittenen und tierquälerischen Fallenjagd erleichtern es Jägern zudem, bei der Tötung nicht jagdbarer Tiere straffrei davonzukommen. So gilt lapidar: „Der unbeabsichtigte Beifang von Tieren (…) gilt als erlaubt.“ Nachdem die Jägerschaft immer wieder betont hat, dass ihre Fallen selektiv fangen, überrascht dieser Zusatz. Und da es in der Praxis unmöglich sein dürfte, Jägern etwa beim Fang bedrohter Tierarten Vorsatz nachzuweisen, gibt ihnen das quasi eine Carte blanche für die Fallenjagd. Besonders kritisch dürfte das beim Einsatz von in Niedersachsen nach wie vor erlaubten Totschlagfallen sein.
Signifikante Verbesserungen im Sinne des Tierschutzes sucht man im vorliegenden Gesetzesentwurf vergeblich: So sind keinerlei Einschränkungen bei den seit langem von den Tierschutzverbänden kritisierten Jagdpraktiken wie der Baujagd, der Fallenjagd oder der Ausbildung von Jagdhunden an lebenden Füchsen in sogenannten Schliefanlagen geplant. Es wirkt, als hätte die Jagdlobby den Politikern den Gesetzestext ins Buch diktiert. Womöglich ist das kein Zufall, ist doch Helmut Dammann-Tamke (CDU) sowohl Vizepräsident des Deutschen Jagdverbandes als auch stellvertretender Fraktionsvorsitzender der niedersächsischen CDU.
Das Aktionsbündnis Fuchs und seine rund sechzig Mitgliedsorganisationen verurteilen die geplanten Änderungen des niedersächsischen Jagdgesetzes aufs Schärfste. Wir fordern die Landesregierung dazu auf, den Jagdgesetzentwurf zu verwerfen und stattdessen eine Jagdgesetznovelle auf den Weg zu bringen, die sich am aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientiert und die den Belangen des Tier- und Naturschutzes angemessen Rechnung trägt. Insbesondere ist die Bejagung von Füchsen und anderen Beutegreifern weder wissenschaftlich belastbar begründet noch überhaupt zielführend. Die willkürliche Jagdausübung auf diese Tierarten ist nicht mehr als reine Lustjagd.
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Detaillierte Nachweise und Quellen finden Sie hier:
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