Mitmachaktion: Vegane Optionen in Schulen und Kindergärten
Mitmachaktion: Vegane Optionen in Schulen und Kindergärten
2021-08-24 12:14
Am 19. August 2021 haben wir den folgenden Brief an das Landeszentrum für Ernährung gesendet und darin um vegane Optionen im neuen Projekt "Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept - nachhaltig und biozertifiziert" gebeten. Wenn es in der Schule oder dem Kindergarten Ihrer Kinder keine veganen Optionen gibt, wenden Sie sich auch gerne an das Landeszentrum für Ernährung und lassen Sie sich von unserem Brief inspirieren. Je mehr Menschen Interesse an veganem Angebot in Schulen und Kindergärten bekunden, umso eher wird das Landeszentrum diese Anregungen ernst nehmen. Sie erreichen das Landeszentrum für Ernährung unter folgender E-Mail-Adresse: ernaehrung@lel.bwl.de
Unser Brief:
Sehr geehrtes Landeszentrum für Ernährung,
wir begrüßen Ihr Projekt "Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept - nachhaltig und biozertifiziert". Regionales Essen in Bioqualität ist ein wichtiger Ansatz, ebenso wie die Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Besonders haben wir uns über die Reduktion des Fleischkonsums gefreut, welcher mit 300 bis 600 g eine Halbierung zum jetzigen Stand bedeuten würde. Gerade in Bezug auf die Nachhaltigkeit wäre ein weiterer wichtiger Punkt der Konsum von Kuhmilchprodukten. Hier gibt es mittlerweile gesunde und deutlich nachhaltigere Alternativen wie die Hafermilch.
Da mit diesem Projekt eine Art Zukunft des Essens in öffentlichen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche konzipiert wird, möchten wir auf einen fehlenden Baustein hinweisen. Die Zahl der Veganer und Veganerinnen steigt seit Jahren stetig an. Gleichzeitig geben viele Menschen an, dass sie sich vegan ernähren würden, wenn es einfacher wäre. Dass die vegane Ernährung für das Klima die beste Ernährungsweise ist und unsere momentane Ernährungsweise erheblich zum Klimawandel beiträgt, ist wissenschaftlich mittlerweile unumstritten (1,2,3,4).
So wäre es Aufgabe der Regierung, den Menschen den leichteren Zugang zu dieser Ernährungsweise zu ermöglichen. Dennoch sehen sich Eltern der nun auch immer mehr werdenden vegan aufwachsenden Kindermit erheblichen Problemen konfrontiert. Die Zahl der Kindergärten in Deutschland, an denen man veganes Essen bekommen kann, kann man an einer Hand abzählen. Bei Schulen und Universitäten ist das Bild recht wechselhaft und stark von der Einstellung der jeweiligen Leitung der Institution abhängig. So gibt es einige Mütter oder Väter, die nicht Vollzeit arbeiten gehen können, da ihr Kind keine vegane Essensoption im Kindergarten bekommen kann.
Der Ernährungsteller der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entspricht zu über 75 % dem veganen Ernährungsteller (5). Es ist also bereits ein großer Konsens vorhanden, dass der Großteil einer gesunden Ernährung über pflanzliche Quellen gedeckt werden sollte. Schaut man sich das Positionspapier der DGE zur veganen Ernährung genauer an (nicht nur die Zusammenfassung), sieht man auch, dass die DGE im Grunde gar nicht so negativ gegenüber einer veganen Ernährung eingestellt ist und der pflanzlichen Ernährungsweise sogar Vorteile einräumt. Vegan lebende Menschen sind meist überdurchschnittlich gut informiert über eine gesunde Ernährung und so gibt es keinen Grund, generell kein Angebot für vegane Familien in Kindergärten und Schulen bereitzustellen. Andere Ernährungsgesellschaften sind der DGE hier bereits weit voraus.
Die American Dietic Association befürwortete bereits zum ersten Mal 2003, dass eine vegane Ernährung bedarfsdeckend in allen Lebensabschnitten sein kann und betonte gesundheitliche Vorteile in der Prävention von einigen Krankheiten. Ähnlich sieht es in der Position von Portugal aus dem Jahr 2015 aus, auch Kanada gab 2014 seine positive Einschätzung zur veganen Ernährung heraus, die australische Regierung im Jahr 2014 und 2005 veröffentliche Großbritannien seine positive Position. Der Konsens ist hier immer der gleiche. Die vegane Ernährung kann bedarfsdeckend in allen Lebensphasen sein und gesundheitliche Vorteile bringen (6).
Ein Grund für die so anders ausfallende Position der DGE sind die in Deutschland wenig vorkommenden Lebensmittel, welche mit B12 und Selen angereichert sind. Vitamin B12 als auch der Mineralstoff Selen werden in der Mast von Tieren in den Futtermitteln verwendet. Der vegane Markt mit angereicherten Nahrungsmitteln steigt allerdings stetig und sowohl der Bedarf von Vitamin B12 als auch Selen lassen sich günstig und sicher in ausreichender Menge über ein Supplement decken. Letztlich braucht man den Zwischenwirt Tier nicht. Da vegan lebende Menschen meist sehr gut informiert sind, wird der Großteil dies wissen und gerade bei seinen Kindern verantwortungsvoll anwenden. Außerdem könnte hier auch mehr Aufklärung erfolgen, sodass solche Informationen allgemein bekannt sind. Denn die Vorteile der pflanzlichen Ernährung überwiegen gegenüber der Supplementierung zweier günstiger Präparate stark. Auch sollte überlegt werden, ob man die EU-Bioverordnung anpassen kann, sodass auch Bio-Produkte mit Nährstoffen angereichert werden dürfen. Letztlich ist das nichts anderes, als wenn man den Tieren Nährstoffe in ihr Futter mischt und viele Veganer*innen greifen ohnehin schon lieber zu Bio-Produkten, was aus Gründen der Nachhaltigkeit zu befürworten ist.
Es gibt insgesamt keinen Grund, vegane Optionen nicht in die Förderung der nachhaltigen Ernährungsweise an Schulen einzubeziehen und gerade vegane Familien sollten hier nicht diskriminiert werden. Denn wissenschaftlich ist die Datenlage eindeutig. Jede vegane Mahlzeit ist gut für den Planeten, das Wohlergehen der Tiere und die eigene Gesundheit. Gerade im Licht der Hochwasser-Katastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie dem neuen Bericht des Weltklimarates (7) sollte eine zeitgemäße Regierung die pflanzliche Ernährung als einen wichtigen Hebel gegen weitere Katastrophen nicht mehr ausblenden.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Thielert
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V.
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das TierschutzMitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.
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