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News - Leser

Leserbrief an Südwestpresse (Hohenzollerische Zeitung)

2021-06-08 14:19

Taubenplage in Bisingen: Ärger über Kot und Kosten: Jetzt soll ein Profi ran | Südwest Presse Online (swp.de)

Wir sind entsetzt über die Pläne der Gemeinde Bisingen Tauben einzufangen und als Futtertiere für Raubvögel zu verwenden. Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie einst in seine Abhängigkeit züchtete. Da Tauben, das ihnen vom Menschen angezüchtete Verhalten nicht ändern können, stehen wir in der Verantwortung, den Tauben zu helfen. 

Die einzige nachhaltige Lösung sind Taubenschläge, die in den Innenstädten in ausreichender Anzahl errichtet werden müssen. Den Tauben stehen darin artgerechtes Futter und Wasser sowie geeignete Brutplätze zur Verfügung. Durch den Austausch der Taubeneier mit Gipseiern erfolgt eine tierschutzgerechte und nachhaltige Kontrolle der Population. Hier sollten dringend konkrete Pläne aufgestellt werden.

Wieso Sie zu dem in der Presse erwähnten Schluss kommen, dass dies keine nachhaltige Lösung darstellt, erschließt sich aus den Artikeln nicht. Es gibt einige Städte, die bereits erfolgreich Taubenpopulationen auf diese Weise kontrollieren. Die Stadt Augsburg ist hier ein gutes Beispiel (https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/umweltstadt-augsburg/stadttaubenkonzept).

Auch ist die Stadt Augsburg ein Beispiel dafür, dass die Tötung von den Tieren keine langfristige Kontrolle der Population ermöglicht. Tauben wurden über Jahrhunderte vom Menschen zu leistungsfähigen Brutmaschinen gezüchtet, sodass sie selbst in den kalten Wintermonaten Fortpflanzung betreiben. Dieses unnatürliche Verhalten hat der Mensch erschaffen. Bei frei lebenden Stadttauben wird die angezüchtete Vermehrung durch eine enorm hohe Jungensterblichkeit gebremst, etwa 90 Prozent der Jungtauben vollenden das erste Lebensjahr nicht. Selbst eine ausgewachsene Stadttaube hat längst nicht mehr die von der Natur gegebene Lebenserwartung. Statt 10-12 Jahren sind es in der Regel höchstens drei. Da wir als Menschen dieses unnatürliche Verhalten erzeugt haben und damit auch für das Leid verantwortlich sind, welches dadurch entsteht, müssen wir humanere Lösungen finden, als Jungvögel massenhaft sterben zu lassen oder sie einzufangen und zu töten. 

Weggefangene Tauben werden durch das enorme Fortpflanzungspotenzial der Tiere sofort ersetzt. Dieses Prinzip finden wir überall in der Natur. Werden Ressourcen durch die Entnahme einzelner Tiere frei, werden die übrig gebliebenen Tiere diese Lücken sofort auffüllen. Daher ist es wichtig, bei der Fortpflanzung selbst anzusetzen. Die Tiere über Taubenschläge zu kontrollieren und ihre Eier auszutauschen, ist daher die einzig nachhaltige Lösung. Stellt man hier artgerechtes Futter zur Verfügung und orientiert sich an der Stadt Augsburg bzgl. Reinigung und Betreuung, bietet sich hier auch eine humane Lösung. So wird nicht nur die hohe Population bekämpft, sondern auch das Leid der Tiere. 

Die natürliche Nahrung von Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen, und sind darauf angewiesen, sämtliche Essensreste der Menschen zu fressen. Dies führt auch zu der vermehrten Kotabsetzung. Würden die Tiere artgerecht gefüttert werden, könnte auch hier viel erreicht werden. Auch gezüchtete Brieftauben sorgen für Nachschub in unseren Städten. Eine große Prozentzahl der Wettbewerbstauben finden nicht mehr in die heimischen Züchter-Taubenschläge zurück. Viele von Ihnen sind ausgemergelt und sterben an Hunger, Durst und Verletzungen während ihres Rückfluges. Ein nicht zu unterschätzender Teil von Ihnen schließt sich den Stadttauben an. 

Wir können nicht als Konsequenz aus unseren Fehlern hilflose Lebewesen leiden lassen und töten. Eine humane Nation beschützt die Schwachen und übernimmt Verantwortung für ihr Handeln. Dazu gehört es, dass man ein empfindungsfähiges Wesen nicht einfach tötet, nur weil es einem lästig geworden ist. 

Sie entscheiden, ob die Stadt Bisingen ihre Verantwortung erkennt und sich für Mitgefühl stark macht. 

 

Mit freundlichen Grüßen

Julia Thielert

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. 

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das Tierschutz Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.

 

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© Tierrechte Baden-Württemberg

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