Das Ende der Primatenversuche am Tübinger Max-Planck-Institut
Das Ende der Primatenversuche am Tübinger Max-Planck-Institut
2017-04-20 16:59
Das Institut teilte auf Anfrage des Schwäbischen Tagblattes am 18. April mit, dass auch der letzte Versuch an Primaten beendet worden sei. Der Affe wurde getötet und das Gehirn untersucht, wie es das Versuchsprotokoll vorgesehen hatte. Das Regierungspräsidium bestätigte, dass keine neuen Anträge oder Verlängerungen eingegangen sind. Die verbliebenen Affen wurden nach Auskunft des MPI in außereuropäische Labore verkauft.
Zum Ende dieses Kapitels lohnt es sich, einmal innezuhalten und die vergangenen Jahre zu reflektieren. Seit Undercover-Aufnahmen eines Tierpflegers in der Sendung von Stern TV im September 2014 die Welt schockierten, ist viel geschehen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Unser Verein erstattete nach Aufdeckung des Skandals gemeinsam mit der Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche und der Erna-Graff-Stiftung für Tierschutz im Januar 2015 Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des MPI für Biologische Kybernetik wegen „Tatverdacht fortgesetzter Vergehen der Tierquälerei nach § 17 Nr. 2 b Tierschutzgesetz und der Tiertötung nach § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz“. Auf Nachfrage teilte die Staatsanwaltschaft dem Rechtsanwalt unseres Vereins Anfang April 2017 mit, dass sich das Verfahren in die Länge ziehen würde, da mehrere Mitarbeiter betroffen wären und zur Anklageerhebung zuerst deren Rechtsanwälte Stellung beziehen müssten.
Zwischenzeitig wurde der Insitutsleiter, Prof. Nikos Logothetis, zusätzlich wegen Verdachts auf Strafvereitelung angezeigt. Dem Verein SOKO Tierschutz waren anonym Mails gesendet worden, in welchen angeordnet wurde, Studienmaterial zu löschen. Eine Mitarbeiterin des Instituts wurde verurteilt, weil sie Vorwürfe zu Übergriffen von Tierschützern nachweislich frei erfunden hatte.
Währenddessen warf das MPI zahlreiche Nebelbomben. Der Vorwurf lautet immer gleich: Tierversuchsgegner würden unsachlich und emotional argumentieren und mit extremistischen Mitteln arbeiten. Das MPI erhob Vorwürfe gegen den Tierpfleger Pawel und beschuldigte die Medien und Tierschützer der Stimmungsmache. Mitarbeiter versuchten durch polemische Gastbeiträge in Zeitungen von den eigentlichen Kritikpunkten abzulenken.
Im Mai 2015 erklärte Prof. Logothetis, er müsse voller Bedauern dem öffentlichen Druck nachgeben und er würde die Affenversuche demnächst beenden. Um zu betonen, dass das Ende der Affenversuche jedoch auf keinen Fall aufgrund von methodischer Kritik oder gar tierrechtlerischer Einsicht erfolgen würde, merkt er gleichzeitig an, dass er im Anschluss an Nagetieren weiterzuarbeiten gedenke. Insofern freuen sich wohl zahlreiche Tierversuchsgegner, dass Prof. Logothetis dieses Jahr seinen 67. Geburtstag feiert und der Eintritt ins Rentenalter in greifbare Nähe rückt.
Kurz nach der Veröffentlichung der Undercover-Aufnahmen bat das MPI Wissenschaftsfreunde um Unterstützung. Prof. Stefan Treue ist Leiter des Deutschen Primatenzentrums und inzwischen auch der Kopf der als "Informationsinitiative" bezeichneten Lobbyplattform von www.tierversuche-verstehen.de, welche im September 2016 online ging. Er erstellte der Primatenhaltung des MPI wenige Tage später ein positives Gutachten. Ein offener Brief des örtlichen Forschungskollegen Prof. Thier sammelte Zuspruch von über 3.000 Forschungskollegen.
Unterdessen nahm die öffentliche Kritik gegen das MPI nicht ab. Insgesamt fünfmal waren die Versuche des Instituts und dessen Verhalten seit Bekanntwerden der Videoaufnahmen Thema in Stern TV. In regionalen Medien wurde mehrfach - nicht zuletzt aufgrund der fortwährenden Demostrationen von Tierversuchsgegnern - darüber berichtet.
Im April fand der Kampf um die Affenversuche am MPI in Tübingen letztlich ein Ende. Es ist jedoch kein Ende der Affenversuche in ganz Tübingen, denn es gibt noch weitere Institute vor Ort, welche an Primaten Versuche machen. Und es ist auch nicht das Ende der Affenversuche der Max-Planck-Gesellschaft, denn diese betonte bereits im Januar, dass sie die Primatenforschung in deutschen Hochschulen forcieren will.
Die vergangenen zweieinhalb Jahre zeigten, dass es eines langen Atems bedarf, um Teilerfolge im Kampf gegen Tierversuche zu ermöglichen. Nun ist es wichtig, darauf aufzubauen.
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