Artenschutztag im Karlsruher Zoo – Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg sendet Brief an Zoodirektor, denn Zoos leisten keinen nennenswerten Beitrag zum Artenschutz
Artenschutztag im Karlsruher Zoo – Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg sendet Brief an Zoodirektor, denn Zoos leisten keinen nennenswerten Beitrag zum Artenschutz
2023-09-07 13:27
Im Karlsruher Zoo findet am Sonntag, 10. September 2023, der 7. Artenschutztag statt. „Artenschutz ist unser Leitthema und steht für uns an erster Stelle. Wir möchten dieses Thema unseren Zoogästen näherbringen. Dafür richten wir jedes Jahr den Artenschutztag aus“, erläutert Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt (1).
Der Zoo Karlsruhe fördert mit seiner Artenschutzstiftung tatsächlich acht Projekte weltweit, die Tiere in Not unterstützen und so auch ihre Arterhaltung fördern (2). Allerdings haben diese Projekte keinen direkten Zusammenhang zu den Tieren, die in Karlsruhe ihr Leben in Gefangenschaft verbringen müssen. Der Zoo Karlsruhe sieht auch in der Vermehrung der in Zoos gehaltenen Tiere Artenschutz.
Im November letztes Jahr tagte der Ausschuss der öffentlichen Einrichtungen im Karlsruher Rathaus zu der Frage, ob die Eisbärenhaltung im Zoo noch zeitgemäß sei. Der Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt behauptete damals, dass dies der Fall sei, da Eisbären vom Aussterben bedroht sind und er durchaus denkt, dass Eisbären artgerecht in Gefangenschaft gehalten werden können (3). Auslöser für die Debatte war der plötzliche Tod vom Eisbär ,,Blizzard“, der mit 15 Jahren verstarb – Eisbären haben eine Lebenserwartung von bis zu 30 Jahren (4). Auch der Tod von Eisbär ,,Knut“ im Alter von nur vier Jahren löste Debatten über die Haltung von Eisbären in Gefangenschaft aus.
,,Eisbärenbabys wie Knut sind vor allem eins: Kassenmagneten. Die Jungensterblichkeit bei Eisbären in Gefangenschaft liegt bei 60 Prozent und ist damit mindestens so hoch wie in der Natur. Dennoch wird gerne nachgezüchtet. Mit Artenschutz hat das nichts zu tun, denn die Tiere können nie ausgewildert werden“, so Julia Thielert, M.Sc. Animal Welfare Science und Wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Menschen für Tierrechte Baden-Wüttemberg e.V. ,,Wiederansiedlungsbemühungen waren im Allgemeinen erfolglos. Weniger als 20 Arten (von den 120 wieder eingeführten) sind in freier Wildbahn autark geworden (5). 1990 legte die Internationale Union für Naturschutz Aktionspläne zum Überleben von 1370 seltenen oder gefährdeten Arten fest. Die Wiederansiedlung von in Gefangenschaft gezüchteten Tieren konnte zur Erhaltung mit nur 1,4 % (19) dieser 1.370 Arten beitragen. Solche Fakten publizieren Zoos aber nie. Tatsache ist, dass der Großteil der Tiere in Zoos nicht in freier Wildbahn überleben kann und auch ihre Nachkommen nicht überlebensfähig sind – auch damit sollten Zoos offen umgehen, wenn sie behaupten, Artenschutz zu betreiben. Das haben wir auch in einem Brief an den Zoodirektor von Karlsruhe gefordert.“
Eisbären sind Einzelgänger und legen in der Natur Strecken von bis zu 30 Kilometer am Tag zurück. Ihre Streifgebiete können dabei hundert bis mehrere tausend Quadratkilometer umfassen; damit entspricht die durchschnittliche Gehegegröße in einem Zoo einem Millionstel des Reviers von Eisbären in der Natur. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass das artgerecht ist.
Man verwehrt Tieren in Zoos aber nicht nur Bewegung, sondern auch die freie Partnerwahl und nimmt ihnen Hauptaufgaben wie die Suche nach Futter. Zu denken, es repliziert ansatzweise die Komplexität der Natur, wenn man Futter in einem Eisblock einfriert oder ähnliche Spielchen, ist fast schon lächerlich. Die Haltung von Eisbären in Zoos ist niemals artgerecht und so neigen die Tiere zu stereotypem Verhalten und Depressionen. Im-Kreis-Laufen oder Kopfwippen sollten die meisten aufmerksamen Zoo-Besucher*innen kennen. Studien fanden bei 55 bis 77 Prozent der Eisbären in Zoos Verhaltensstörungen vor. Es ist also eindeutig, dass Eisbären in Zoos leiden.
Der Großteil der Tiere in Zoos wird nicht gefangen gehalten, um Artenschutz zu betreiben. Zoos sind ganz einfach Wirtschaftsunternehmen, die den Großteil ihrer Tiere benutzen, um die Kassen zu füllen.
Zoos versuchen, Tieren und Besuchern ein naturnahes Erlebnis zu bieten, bieten dabei aber eine stark vereinfachte Sichtweise und präsentieren Tiere, die in minimalen Umgebungen leben.
Platzbeschränkungen und ein Mangel an nützlichen Aktivitäten sind nur zwei dieser Einschränkungen. Die Tiere können sich nicht frei bewegen und können keine eigenen Entscheidungen über Nahrung, Unterkunft, Klima, soziale Kontakte, Migration und Fortpflanzung treffen. Tiere, denen nützliche Gene für die zukünftige Zucht fehlen, werden regelmäßig von Zoos getötet. Dies wird von Menschen durchgeführt, die behaupten, sie zu schützen.
Anstatt Arten wie Menschenaffen, Eisbären und Elefanten einzuschränken und Millionen (einschließlich Steuergeldern) für den Bau schöner Gehege für sie auszugeben, wäre dieses Geld besser dafür ausgegeben, ihre echten Lebensräume zu retten. Kindern sollte Mitgefühl, Respekt für Tiere und Verständnis für ihre natürlichen Bedürfnisse sowie Lebensweise beigebracht werden. Zoos demonstrieren menschliche Macht, indem sie Kontrolle über andere Lebewesen ausüben.
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für den Schutz und die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Menschen für Tierrechte ist Mitglied im Landestierschutzbeirat Baden-Württemberg und seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das Gesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht im Tierschutz (TierSchMVG).
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