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Rabenkrähen

Leserbrief an Badische Zeitung zum Artikel: Bauern in Baden-Württemberg beklagen viele Schäden durch Krähen

Den Artikel der Badischen Zeitung finden Sie unter
(https://www.badische-zeitung.de/bauern-in-baden-wuerttemberg-beklagen-viele-schaeden-durch-kraehen?fbclid=IwAR0PcDwN2Czn9y_wwvl7gTnEQfMBGVbvPf5UplAedvNCtXI_dhFK93xw_R8)

Autor: dpa
Erscheinungsdatum: 10. Mai 2022

In der letzten Zeit häufen sich die Berichte aus Baden-Württemberg, in welchen über die steigenden Verluste der Landwirtschaft durch Rabenkrähen geklagt wird. Mit dem Klagen einher geht die Forderung nach einer effektiven Bestandsregulierung der Tiere – oder direkter ausgedrückt, der großflächigen Tötung dieser (1). Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg hält die Tötung der Tiere für nicht wirksam, da man grundsätzlich nach Ursachen schauen sollte, wenn ein „Problem“ vorliegt.

Die Tötung von Tieren, weil wir meinen, dass diese in zu hoher Population vorhanden sind, ist immer das primitivste Mittel der Wahl und damit auch niemals nachhaltig zur Lösung eines Problems geeignet. Dass die Landwirte hohe Schäden durch die Rabenkrähen verbuchen müssen, möchten wir nicht bestreiten. Schaut man sich diese Schäden aber genauer an, fällt sofort auf, dass 60% der Schäden bei Mais anfallen. Während Mais 1960 mit etwa 56.000 Hektar noch eine Nischenkultur war, entwickelte sie sich zur zweitwichtigsten Kultur nach Weizen. Mais wurde im Jahr 2021 auf 2,65 Millionen Hektar angebaut (Weizen ca. 2,86 Millionen Hektar). In Deutschland dient Mais nahezu ausschließlich als Tierfutter oder als Substrat für die Erzeugung von Strom in Biogasanlagen. Maissilage wird zur Rinderfütterung genutzt. Körnermais wird geerntet und für die Geflügel- und Schweinefütterung genutzt (2).

Ebenso wie Wildschweine fressen auch Rabenkrähen sehr gerne Mais. Steigen die Anbauflächen für Mais also stetig, verwundert es auch nicht, wenn Populationen an Wildtieren steigen, die diesen Mais als Nahrungsquelle bevorzugen. Häufig sind die Felder auch mit zu dünnen Plastikfolien geschützt. Der Einsatz von Plastikfolien ist aus Arten- und Umweltschutzgründen kritisch zu sehen, kann aber in Gebieten mit sehr hohen Verlusten eine zu bevorzugende Alternative zu der Tötung der schlauen Krähen darstellen.

Wir sollten uns auch klar machen, dass wir Menschen 99,4% der Natur in Deutschland manipuliert haben. Echte Natur für all die anderen Arten gibt es also nur noch auf 0,6% der Fläche. Konflikte sind bei einer derart massiven Ausbreitung unserer eigenen Interessen kaum vermeidbar. Diese Erde ist mittlerweile stark bevölkert von landwirtschaftlich genutzten Tieren. Es gibt sie mehr als Wildtiere und mehr als uns Menschen. Um es genau zu sagen, es gibt 10-mal so viele landwirtschaftlich genutzte Tiere auf dieser Welt, wie es Menschen gibt. Unser Hunger auf Tierprodukte hat diese Welt im wahrsten Sinne des Wortes zu einer Welt der Tierausbeutung werden lassen. 77 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche werden genutzt, um landwirtschaftlich genutzte Tiere aufzuziehen und zu füttern.

Und auch bei der Problematik der Schäden durch die Rabenkrähen schließt sich der Kreis wieder bei der pflanzlichen Lebensweise und dem so dringend nötigen Abbau der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Hätten wir weniger landwirtschaftlich genutzte Tiere, bräuchten wir deutlich weniger Anbauflächen und auch weniger Mais. Diese frei werdenden Flächen könnte man der Natur zurückgeben und so Wald entstehen lassen, welcher nicht nur Lebensraum für Wildtiere bietet, sondern auch eine der effektivsten Waffen der Natur gegen den Klimawandel ist.

Tiere zu töten, um Schäden an Futter zu vermeiden, welches wir brauchen, um andere Tiere aufzuziehen und zu töten, ist ein Kreislauf an unzeitgemäßer Grausamkeit und schadet letztlich auch uns Menschen.

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg fordert einen Abbau der Tierhaltung und mehr echte Natur durch Renaturierungsmaßnahmen. Außerdem sprechen wir uns klar gegen die Tötung der intelligenten Rabenkrähen aus. Dass Anwohner*innen sich durch Vergrämungsmaßnahmen durch Knall gestört fühlen, kann auch nicht als ausreichendes Argument genutzt werden, um eine großflächige Tötungsaktion gegen fühlende Lebewesen zu starten. Auch gibt es wissenschaftliche Ausarbeitungen, warum die Jagd auf Krähen ohnehin nicht zum Erfolg führt (3).

Quellen

1: https://www.topagrar.com/acker/news/kraehen-pluendern-aecker-schaeden-oft-um-20-000-eur-je-hof-13090744.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=2022-05-13_top_agrar_S%C3%BCd_extra_1352022&fbclid=IwAR1_U00GAAWw8ZUW49eUY4Br5A-sJfPhd3CM9VhDv06TGvoeiAfvvM350Bc

2: https://www.landwirtschaft.de/diskussion-und-dialog/umwelt/gibt-es-in-deutschland-eine-vermaisung-der-landschaft

3: https://docs.wixstatic.com/ugd/173a38_11cb612c80504114b469a9fec0013a5a.pdf

Mit freundlichen Grüßen

Julia Thielert

Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. 

 

Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1983 für die Rechte der Tiere einsetzt. Durch Öffentlichkeitsarbeit macht der Verein Tierleid für die Bevölkerung sichtbar und zeigt Alternativen auf. Seit 2016 sind die Menschen für Tierrechte einer der drei anerkannten Verbände für das Tierschutz Mitwirkungs- und Verbandsklagerecht in Baden-Württemberg.

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