Dänemark verbietet Schächten
Nach der Schweiz, Polen, Schweden, Norwegen, Island, Liechtenstein und den Niederlanden verbietet nun in Europa auch Dänemark das betäubungslose Schächten von Tieren. Die Vorschrift gilt seit dem 17.02.2014. Der sozialdemokratische Landwirtschaftsminister Dan Jørgensen verteidigt das Verbot damit, dass „Tierrechte vor der Religion kommen". Laut dem dänischen Nachrichtensender TV2 sei nach Jørgensen die Befreiung der Tiere von Leiden wichtiger als religiöse Bräuche. Das dänische Landwirtschaftsministerium vertrete die Ansicht, dass sowohl die halal-gemäße als auch die koschere Form des Schlachtens unethisch seien und Religionsfreiheit nicht über dem Tierrecht stehe.
Damit Fleisch unter jüdischem Recht als „koscher" und unter islamischem Recht als „halal" gilt (übersetzt „erlaubt" oder „zulässig"), müssen die Tiere während ihrer Tötung bei Bewusstsein sein. Beim Schächten werden den Schlachttieren mit einem Messer der Hals aufgeschnitten. In der Regel werden mit nur einem Schnitt die großen Blutgefäße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt. Das Tier blutet danach aus. Bezweckt wird das möglichst rückstandslose Ausbluten, da der Genuss von Blut sowohl im Judentum als auch im Islam verboten ist. Diese Schlachtmethode bedeutet für die Tiere häufig einen minutenlangen Todeskampf.
Betäubungslos geschlachtete Tiere werden jedoch vor allem aus dem Ausland importiert. Da der Import weiterhin erlaubt ist, sind die praktischen Auswirkungen in Dänemark als eher gering einzustufen. Dafür hat das Verbot jedoch eine starke Signalwirkung. So sind im September Parlamentswahlen in Schweden. Tierschutzverbände fordern hier den Import von Fleisch von geschächteten Tieren ebenfalls zu verbieten.
Kritik durch jüdische und muslimische Gemeinden
Die Jüdische Allgemeine berichtet, das sich jüdische und muslimische Gemeinden in Dänemark massiv gegen die neue Verordnung ausgesprochen haben, da diese die Religionsfreiheit verletze.
Das betäubungslose Schächten der Tiere - ethisch vertretbar, religiös begründbar?
Dem kann jedoch entgegengehalten werden, dass beide Religionen den Konsum von Fleisch nicht vorschreiben. Nach Samuel Dombrowski * verbietet die jüdische Religion nicht das Fleisch von Tieren zu essen, die vor ihrem Tode betäubt wurden. Sie schreibt allerdings vor, daß Tiere nach dem Schlachten ausbluten müssen. Die Betäubung führt weder zum Tod des Tieres, noch verhindert sie das von der Religion vorgeschriebene Ausbluten. Somit kann von einer Einschränkung der Religionsfreiheiten, von Hinweisen auf Antisemitismus nicht die Rede sein. Heutige wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen dass einerseits durch das Schächten weder eine völligen Ausblutung erreicht wird und 20 - 25% der Gesamtmenge im Körper verbleibt und andererseits diese Restmenge unabhängig davon ist, ob das Tier unbetäubt oder betäubt geschächtet wurde.
Bereits bei der Vorbereitung des Fesselns und des Werfens, vor allem aber beim Schächten selbst, erleidet das unbetäubte Tier Todesangst, unsägliche Leiden und Schmerzen. Ein schmerzempfindendes Wesen von diesen unnötigen Zumutungen zu verschonen, muss als ein höher einzustufendes Rechtsgut bewertet werden als irgend ein religiöses Konstrukt oder Ritual, dessen Sinn nicht, oder nicht mehr nachzuvollziehen ist.
Deutschland - Die Ausnahme wird zur Regel
Seit 1995 ist in Deutschland offiziell das Schächten verboten, weil dies nach Glaubensregeln zwar üblich, aber nicht „zwingend" vorgeschrieben sei. Eine Ausnahmeregelung kann jedoch erteilt werden, wenn Teilgruppen einer religiösen Gemeinschaft das Schächten für erforderlich halten.
So entschied das Bundesverfassungsgericht und machte diese Ausnahmeregelung des Tierschutzgesetzes zur Norm. Nach Schätzungen der deutschen Bundestierärztekammer, die zu diesem Thema ein Gutachten vorgelegt hat, werden bis zu 500.000 Tiere pro Jahr aus religiösen Gründen in Deutschland betäubungslos geschächtet. Von einer Ausnahmegenehmigung kann also nicht mehr gesprochen werden.
*Samuel Domrowski: Referat auf dem 3. Interdisziplinären Symposium "Tiere ohne Rechte? " Europa-Universität Viadrina Frankfurt / Oder am 26.3.98 - 28.3.98