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Taubenturm/-haus in Leinfelden-Echterdingen

Taubenturm/-haus in Leinfelden-Echterdingen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Klenk,

ich schreibe Ihnen im Namen von Menschen für Tierrechte Baden-Württemberg e.V., einem gemeinnützigen Verein, der sich bereits seit 1983 erfolgreich für die Rechte der Tiere einsetzt.

Aus der Presse haben wir erfahren, dass die Stadt Leinfelden-Echterdingen dringend einen Taubenschlag benötigt, sich engagierte Bürger*innen aber bereits seit längerem vergeblich darum bemühen. Die Stadt habe „aktuell überhaupt keine Zeit und auch keine Kapazität […] um [sich] um Tauben zu kümmern“, so Andrea Egner, Leiterin des Amtes für Umwelt, Grünflächen und Tiefbau gegenüber der Stuttgarter Nachrichten.

Nach dem neuen Gutachten (Arleth C., Hübel J. Rechtsgutachten Stadttaubenschutz. Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin. Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung; 29.10.2021. Abrufbar unter: www.berlin.de) gelten Stadttauben als Fundtiere.

Daher haben Kommunen die Pflicht zur Lösung der dauerhaften, menschengemachten tierschutzrechtlichen Herausforderungen von Stadttauben.

Die heutigen Stadttauben sind die Nachfahren von einst ausgesetzten Haustieren. Diese Tiere sind nicht in der Lage, sich selbst zu versorgen, da der Mensch sie einst in seine Abhängigkeit züchtete. Da Tauben das ihnen vom Menschen angezüchtete Verhalten nicht ändern können, stehen wir in der Verantwortung, diesen Tieren zu helfen.

Die einzige wirksame und tierschutzgerechte Methode, um Taubenpopulationen auf Dauer zu verkleinern bzw. auf einer überschaubaren Zahl zu halten und gesunde Tiere zu bekommen, ist die Einrichtung betreuter Taubenschläge, in denen die Tiere mit artgerechtem Futter und Wasser versorgt und an den Ort gebunden werden (Weyrather, 2014). Dadurch nimmt die Präsenz der Futterschwärme in der Stadt ab. Ein Taubenschlag wäre somit auch ein Dienst, von dem nicht nur die Tiere, sondern auch die Bewohner*innen und Immobilienbesitzer*innen Ihrer Stadt profitieren.

Die bevorzugte Nahrung von (Stadt-)Tauben besteht hauptsächlich aus Körnern und Samen, die in den Städten kaum vorhanden sind. Somit haben die Tauben keine Möglichkeit, in Städten an artgerechtes Futter zu gelangen. Sie sind darauf angewiesen, sämtliche Essensreste (Abfälle) der Menschen zu fressen. Dies führt auch zu einer vermehrten Kotabsetzung. Werden die Tiere artgerecht gefüttert, kann auch hier eine Verbesserung erreicht werden.

Viele Städte haben dies bereits erkannt und Taubenschläge für die Stadttauben eingerichtet. In den Taubenschlägen können Tauben Paare bilden und brüten. Ihre Eier werden gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht, so dass die Tiere weiter an ihr Nest gebunden bleiben, aber keine Küken aufziehen werden.

In Stuttgart wurden bereits an sechzehn verschiedenen Standorten Unterkünfte für die Stadttauben geschaffen.

Auch die Stadt Augsburg hat ein sehr erfolgreiches Taubenkonzept entwickelt (https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/umweltstadt-augsburg/stadttaubenkonzept), durch das (wieder) ein friedliches Zusammenleben zwischen Stadtbewohner*innen und Tauben möglich ist. Obwohl die Standortsuche, Finanzierungsüberlegungen und Planungsideen „etliche Jahre“ in Anspruch nahmen, ließ sich die Stadt nicht entmutigen und konnte gemeinsam mit dem ansässigen Tierschutzverein bereits zwei Taubentürme errichten. Zehn Taubenschläge und zwei Türme gibt es in Augsburg zwischenzeitlich.
Der in den Türmen und Schlägen gebundene Taubenkot (in Augsburg ca. fünf Tonnen pro Jahr) entlastet das Stadtgebiet. Der Kot kann von dort fachmännisch entsorgt werden. Die Bau- und Unterhaltungskosten für Taubenschläge sind weitaus geringer als die Kosten für die regelmäßige Reinigung und Desinfektion von verunreinigten Plätzen und Gebäuden.

Als weitere Lektüre zum Thema Stadttaubenmanagement möchte ich Ihnen das Praxishandbuch
„Stadttaubenmanagement in deutschen (Groß)Städten“ unseres Bundesverbandes ans Herz legen. Dieses können Sie sich ganz einfach und kostenlos auch als pdf-Datei herunterladen (https://www.tierrechte.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-HB-Stadttaubenmanagement_web.pdf).
Sie finden darin Informationen über effektive Geburtenkontrolle, einfache und kostengünstige Entfernung von Taubenkot und wie eine Gesundhaltung der Tiere durch artgerechte Fütterung und tierärztliche Bestandsbetreuung möglich ist.

Sie entscheiden, ob die Stadt Leinfelden-Echterdingen ihre Verantwortung erkennt und übernimmt. Wir bitten Sie darum, an einem Konzept für einen Taubenturm oder ein Taubenhaus zu arbeiten. Informieren Sie ggf. die Bürger*innen über die Vorteile eines Taubenhauses oder –turms und bitten Sie ggf. um Mithilfe in der Bevölkerung, einen geeigneten Standort zu finden.

Gerne sind wir Ihnen bei der Verwirklichung des Projektes behilflich, stehen Ihnen für Rückfragen zur Verfügung oder vermitteln Ihnen Kontakte zu anderen Stadttaubenprojekten.

Mit freundlichen Grüßen

Stephanie Kowalski

Tierärztin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin

 

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