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Bundesratsinitiative Baden-Württembergs für transparente Fleischkennzeichnung

Bei den Käufern und Verbrauchern ist ein großer Widerspruch bei tieri­schen Produkten festzustellen. Einer­seits gilt immer noch der Werbeslo­gan „Geiz ist geil", was der Menta­lität nicht zuletzt der „sparsamen" Schwaben entspricht. Andererseits sind immer mehr Verbraucher gegen­über Tieren und deren Befinden sen­sibilisiert worden. Obwohl in der Bevölkerung das Mitgefühl mit Tie­ren erfreulicherweise wächst, wollen sie diese aus Gewohnheit in zahl­reichen Varianten weiterhin essen. Dabei verdrängen sie, dass sie mit ihrem Konsum in letzter Konsequenz das Todesurteil über ihre Mitge­schöpfe sprechen. Allerdings wollen viele die Missstände in der Tierhal­tung, die durch Medienberichte im­mer wieder an die Öffentlichkeit ge­langen, durch ein kritisches Kauf­verhalten nicht mehr akzeptieren. Wir Tierrechtler können nur beto­nen: „Der Käufer/Verbraucher hat die Macht!". Denn dieser entschei­det an der Ladentheke, was Absatz findet oder in den Regalen liegen bleibt.

Einige haben ihren Fleischkon­sum ganz eingestellt und sind Vege­tarier oder sogar Veganer geworden, die alle tierischen Produkte ableh­nen, was aus unserer Sicht natürlich die beste Alternative ist. Andere möchten wissen, wie die tierischen Lebensmittel erzeugt werden, um ihre Kaufentscheidung zu tierfreund­licherer Erzeugung treffen zu kön­nen, wie viele Umfragen belegen. So ergab eine im Auftrag des Bun­deslandwirtschaftsministeriums er­stellte Umfrage von Infratest di­map vom 2./3.Januar 2013, dass es für 89 Prozent der Deutschen „sehr wichtig" oder „wichtig" ist, dass die Lebensmittel aus besonders tierge­rechter Haltung stammen. Nur elf Prozent sagten, dies sei „weniger oder gar nicht wichtig". An dritter Stelle allerdings kommt der Preis: Dass Lebensmittel preiswert sind, nennen 66 Prozent der Verbraucher als „sehr wichtig" oder „wichtig". Umfragen sind allerdings nur die halbe Wahrheit. Denn – wie es sich bei dieser Umfrage zeigt – es wird manches schön geredet. So stimmt zwar die überwiegende Mehrheit zu, dass sie für Tierschutz sei, die Soli­darität mit den Tieren hört aller­dings bei so manchem beim Geld­beutel auf.

Um mehr Verbraucher für tier­freundlichere Produkte zu gewinnen, setzte sich der baden-württembergi­sche Verbraucherminister Alexander Bonde (Bündnis 90/Grüne) auf der Agrarministerkonferenz am 4.9.2014 gemeinsam mit seinem grünen Kol­legen Christian Meyer aus Nieder­sachsen für eine transparente Fleisch­kennzeichnung ein. Höhere Stan­dards der Tierhaltung würden sich bislang nur am Biosiegel gut erken­nen lassen, meinte der Minister in seiner Pressemitteilung vom selben Tag. Dabei würde es in der „konven­tionellen" Fleischerzeugung enorme Unterschiede in der Tierhaltung ge­ben.

Um die Käufer nicht zu verwir­ren, plädiert er für eine einfache und unbürokratische Kennzeichnung. „Es ist gut, dass es im Markt verstärkt Initiativen für mehr Tierwohl gibt. Auf Dauer ist es nicht zielführend, wenn unterschiedliche Verbände und unterschiedliche Handelsketten je­weils ihre eigenen Siegel und Logos entwickeln und Initiativen für ganz unterschiedliche und uneinheitliche Zusatzanforderungen stehen", so Minister Bonde. Er schlug deshalb vor, sich an der Eierkennzeichnung zu orientieren, die sich rasch bewährt und zu einer Änderung des Kaufver­haltens zugunsten einer tiergerechte­ren Haltung der Hennen geführt ha­be. Wir begrüßen deshalb den Kenn­zeichnungsvorschlag des Ministers:

0 für Öko
1 für Freilandauslauf
2 für 30 Prozent mehr Platz
3 für die Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards

Mit der Einführung dieses leicht ver­ständlichen, staatlichen Systems kön­nen die Käufer problemlos und ge­genüber den „Qualitätssiegeln" von Firmen sicherer entscheiden, ob sie für tierfreundlicher erzeugte Produk­te mehr Geld ausgeben wollen. Und die Landwirte, die auf hohe Tier­schutzstandards setzen, können sich diese durch die besseren Einnahmen auch leisten. Gleichzeitig würde da­mit die kleinstrukturierte Landwirt­schaft in Baden-Württemberg unter­stützt werden, meinte der Minister, der gegen die Massentierhaltung ein­gestellt ist.

Die Agrarministerkonferenz fasste am 5.9.2014 den einstimmigen Be­schluss, dass eine Arbeitsgruppe un­ter Leitung Baden-Württembergs den Vorschlag prüfen und eine konkrete Ausgestaltung erarbeiten soll. Unter anderem soll sie sich mit der Ver­besserung der Haltungsbedingungen sowie der Bewertung bereits gelten­der Schutz- und Kontrollstandards befassen. Nach einem Zwischenbe­richt im Frühjahr soll der Abschluss im Herbst 2015 vorliegen.

Außerdem sprachen sich die Mi­nister für verbesserte Verfahren beim Betäuben von „Schlacht"schweinen aus. Thema war auch die Frage eines grundsätzlichen Verbots der Schlach­tung tragender Rinder und länder­übergreifende Schwerpunktkontrol­len von Tiertransporten.

Außerdem haben sich die Bun­desländer für die Initiative Württem­bergs und weiterer Länder für ein bundesweites Verbot gentechnisch veränderter Organismen in der Land­wirtschaft ausgesprochen.

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