Jagd auf Flipper, Willy und Co
Kognitive (geistige) Fähigkeiten von Fischen
Die Betrachtung von Fischen durch uns Menschen hat sich in den vergangenen 10 bis 20 Jahren grundlegend verändert. Ist man früher davon ausgegangen, dass Fische eine Art Reflex-Roboter mit einem Gedächtnis von nur wenigen Sekunden seien, gibt es in der biologischen Forschung immer mehr starke Hinweise darauf, dass auch Fische über kognitive Fähigkeiten verfügen. So wurde bei Fischen ein Langzeitgedächtnis nachgewiesen, ein gut ausgebildetes räumliches Orientierungs-Vermögen, Kommunikation mittels Zeichensprache, Schmerzempfinden, Wahrnehmung von Individuen, Beachtung von sozialen Hierarchien, Lernen aus Beobachtung sowie der Gebrauch von Werkzeugen, z.B. um Muscheln aufzuknacken.
Als Beispiel führte Torsten Pasler Zackenbarsche und Muränen an, die bei der Jagd auf Fische kooperieren. Vor dem Versteck einer Muräne beginnt der Barsch ein bestimmtes Signalverhalten zu zeigen: Er schüttelt seinen Kopf und macht einige vertikale Auf- und Abbewegungen mit dem ganzen Körper. Darauf erscheint oftmals die Muräne und lässt sich vom Barsch zum Versteck der Beutefische führen. Dies ist keine leichte Aufgabe, denn die Muräne scheut offenes Wasser und sandigen Grund, sie folgt lieber den Felsen und Riffs. Immer wieder muss der Barsch seine Jagdgenossin auf den richtigen Kurs bringen. Angelangt beim Versteck der Beutefische zeigt der Barsch wiederum ein Signalverhalten. Er macht vertikale Auf- und Abbewegungen mit dem ganzen Körper, die für uns so aussehen, als würde er auf das Versteck der Beute zeigen. Die Muräne beginnt daraufhin das angezeigte Areal zu untersuchen und schlüpft in die Höhlungen des Riffs. Die Chancen stehen nun 50:50. Entweder erwischt die Muräne die Beute im Riff oder die Fische entkommen der Muräne – und vor dem Versteck wartet der Barsch.
Die Barsche stellen bei diesen Aktionen einige kognitive Leistungen unter Beweis. Sie benötigen eine geistige Repräsentation ihrer Umgebung. Sie erinnern sich, wo sich die Beute versteckt hat, und sie kennen die Tagesverstecke von Muränen. Sie wissen, welche sich in der Vergangenheit als kooperationswillig zur gemeinsamen Jagd gezeigt haben. Außerdem setzen sie ihr Signalverhalten sehr flexibel ein und können dadurch die Bewegungen der Muränen nach ihren Intentionen steuern.
Schmerzempfinden bei Fischen und Fischfang
Schmerzempfinden bei Fischen ist durch eine erhöhte Herzfrequenz, gesteigerte Kiemenaktivität, Appetitverlust und positive Reaktionen auf Schmerzmittel wie Morphium beweisbar. Auch die Tatsache, dass man Fische durch aversive Stimulation in eine andauernde Angst vor diesen Reizen versetzen kann, spricht für ein Lernen aus Schmerz und gegen die alte Reflex-Theorie. Jedes Jahr werden Milliarden intelligenter und schmerzempfindlicher Fische aus den Ozeanen gefischt und erleiden einen langsamen Erstickungstod, obgleich das deutsche Tierschutzgesetz vorschreibt, dass Tiere schnell und schmerzfrei getötet werden müssen.
Weitere Millionen Fische sterben einen ebenso qualvollen Tod beim Angeln, wenn man ihnen einen Haken in den Mund bohrt, sie aus dem Wasser zieht und sie dann „waidgerecht", wie es in der Jägersprache heißt, tötet. Das heißt konkret: Um den Fisch zu betäuben, schlägt man ihm mit einem Stock auf den Kopf. Dann sticht man einen spitzigen Gegenstand in sein Herz, was zum Tod führen soll. Hierbei kann es natürlich passieren, dass der Schlag auf den Kopf nicht betäubt. Und der Stich nicht das Herz trifft, sondern dem Fisch nur eine weitere schwere Verletzung hinzufügt.
Delfinjagd
Anschließend widmete sich Torsten Pasler kurz der allgemein bekannten und wissenschaftlich ausgiebig untersuchten Intelligenz und dem sozialen Verhalten dieser freundlichen Meerestiere. In Würdigung ihrer erstaunlichen Eigenschaften hat die indische Regierung im Mai 2013 ein Gesetz verabschiedet, das Delfine zu „nicht-menschlichen Personen" ernannte. Und im August 2012 erklärten die Fischer der südlich von Tokio gelegen Insel Toshima sämtliche Delfine, die sich rund um die Insel aufhalten, zu Mitbürgern.
Danach berichtete Pasler konträr zu dieser positiven Entwicklung über die Jagd auf Delfine:
Während früher in vielen Gegenden der Erde, wie z.B. in Madagaskar, das Essen von Delfinen tabu war, war die Jagd auf sie auf der von Dänemark verwalteten Inselgruppe der Färöer noch nie verboten. Ehemals diente die Jagd auf Weißseitendelfine und die ebenfalls zur Kategorie der Delfine gehörenden Grindwale der Nahrungsbeschaffung. Heute ruft die Gesundheitsbehörde der Färöer zum Verzicht des Delfinfleisches auf, weil es wegen seines hohen Gehaltes an Schwermetallen wie Quecksilber, Blei und Cadmium oder anderen Giften wie PCB und DDT nicht mehr für den Verzehr geeignet ist. Diese „Grindadráp" genannte Jagd ist zu einem sinnlosen Gemetzel mit Volksfestcharakter verkommen, dem jährlich rund 900 Delfine zum Opfer fallen und bei dem ganze Delfin-Familien ausgelöscht werden.
Ebenso werden Delfine in der japanischen Bucht Taiji gejagt. Taiji wurde durch den Oscar-prämierten Dokumentarfilm Die Bucht aus dem Jahr 2009 weltbekannt. In dem Film wird gezeigt, wie Fischer ganze Delfingruppen in mit Netzen abgesperrte kleinere Buchten treiben. Dort schlagen sie dann mit Eisenstangen auf die Delfine ein, bis sich das Meer blutrot verfärbt hat. Meist noch lebend werden die Delfine mit einem Kran aus dem Wasser gezogen und mit Kleinlastwagen in eine Fisch-Fabrik gekarrt. Dort schneidet man ihnen die Halsschlagadern auf, die Delfine verbluten langsam und qualvoll. Das Gehirn von Delfinen funktioniert vergleichsweise lange ohne Sauerstoff; die intelligenten Tiere erleben ihr Sterben bei vollem Bewusstsein.
Die Verwaltung der Hafenstadt versucht alles, damit nichts an die Öffentlichkeit gelangt. Die Delfinmassaker sind strikte Geheimsache, die Zugänge zur „Schlachterbucht" sind gesperrt, Fotografieren und Filmen sind bei Strafe verboten. Nur mit einem enormen technischen Aufwand konnte der Dokumentar-Film gedreht werden. Die Regierung verheimlicht ebenso die Tatsache, dass das dabei gewonnene Delfinfleisch kein Lebensmittel ist, sondern aufgrund des hohen Gehalts an Umweltgiften als Sondermüll bezeichnet werden muss. Der japanische Grenzwert für Quecksilber von 0,4 Mikrogramm pro Kilogramm Fleisch wird beim Delfinfleisch um bis zum 5.000-fachen überschritten. Dies ist jedoch 90% der japanischen Bevölkerung nicht bekannt, und Delfinfleisch wird sogar an Schul- und Krankenhauskantinen geliefert.
Der Hauptantrieb für diese Barbarei dürfte allerdings der lukrative Erlös aus dem Verkauf von lebenden Delfinen sein. Denn einige Tiere werden verschont und aussortiert. Etwa 200 Delfine landen in Delfinarien in Japan, China, Südkorea, Thailand, Mexiko, in der Karibik, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in der Türkei als Sklaven für die Unterhaltungsindustrie. Bis zu 200.000 US-Dollar werden für einen lebenden Delfin bezahlt, während ein toter nur 600 Dollar einbringt. Solange Delfinarien rund um den Globus die japanischen Delfinkiller durch den Ankauf von Tieren unterstützen, wird auch das Gemetzel weitergehen. Deshalb appellierte der Tierschützer an die ZuhörerInnen: „Leute, geht nicht in Delfinarien! Und wer noch einen Schritt weiter gehen will, kauft auch keine japanischen Autos. Denn diese Sprache versteht die japanische Regierung am besten."
Jagd auf Wale
Der letzte Teil des Vortrags war den Walen gewidmet. Zunächst fasste Torsten Pasler einige Fakten zur Intelligenz und zum hoch entwickelten Sozialverhalten dieser geselligen, freundlichen, hilfsbereiten und verspielten Meeressäuger zusammen, um danach auf die drei heute noch aktiven „Walfängernationen" einzugehen.
Island tötet jährlich 40 Wale, Norwegen etwa 700. Bei den Färöer-Inseln schwankt die Zahl, der langjährige Durchschnitt beträgt 863 Tiere, bei Japan liegt die Zahl zwischen 550 und 900 Walen.
Am 31.3.2014 untersagte der Internationale Gerichtshof in Den Haag der japanischen Regierung, in der Antarktis weiterhin zu jagen. Als Begründung führte das Gericht an, der Walfang diene nicht wie angegeben der Wissenschaft, sondern lediglich dem Verkauf des Walfleischs zum Verzehr. Daraufhin setzt Japan den Walfang nun in reduziertem Umfang im Nordpazifik fort. Dabei ist der ökonomische Nutzen des Walfangs verschwindend gering, ebenso der Verbrauch des hochgradig mit Schwermetallen belasteten Fleisches. Hauptmotivation für den Walfang scheint heute nur noch die Tradition zu sein sowie ein gewisser nationaler Trotz.
Internationales Verbot des Walfangs
Norwegen und Japan setzen sich deshalb für die Beendigung des 1989 beschlossenen Walfangverbots ein. Bei der Tagung der Internationalen Walfangkommission (IWC) im Jahr 2006 wurde auf Betreiben Japans mit knapper Mehrheit eine Erklärung verabschiedet, in der der Fortbestand des Walfangverbots als unnötig bezeichnet wird. Diese Resolution bedeutete aber noch nicht die Aufhebung des Walfangverbotes, da dafür eine Dreiviertelmehrheit in der IWC notwendig ist. Die Stimmen der ärmeren Karibik- und Südseestaaten werden bei solchen Abstimmungen von der japanischen Regierung regelmäßig gekauft. So wurden von ihr z.B. in den Ministaaten Antigua, Dominica, St. Lucia, St. Vincent und den Salomonen kostenlos Fischereikomplexe gebaut.
Immerhin haben es die Walfang-Nationen geschafft, dass heute in der IWC Kompromisslösungen diskutiert werden, z.B. Management-Pläne mit Fangquoten für bestimmte Walarten in küstennahen Gewässern. Da Wale zur Fortpflanzung jedoch immer in küstennahe Gewässer kommen und pro Jahr nur ein Junges zur Welt bringen, taugt dieser Vorschlag überhaupt nichts. Durch das Ringen zwischen Ländern, die Wale jagen und solchen, die Wale schützen wollen – zu denen glücklicherweise auch Deutschland gehört – steckt der IWC in einer Krise und droht auseinanderzubrechen.